Wirtschaftsinitiative inside 06.10.2021

Mitgliederversammlung 2021: Christine Lagarde kommt zum 25. Geburtstag

Netzwerk feiert Jubiläum und Wiedersehen

Sie zählt zu den „mächtigsten" Frauen der Welt und ist seit 2019 in FrankfurtRheinMain zu Hause. Wie sie unsere Metropolregion sieht und was das mit Europa zu tun hat, erläuterte Christine Lagarde bei einem mitreißenden Gastvortrag im Hotel Steigenberger Frankfurter Hof. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank war damit der Einladung der Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain gefolgt, die auf ihrer diesjährigen Mitgliederversammlung ihr 25-jähriges Bestehen feierte. Erstmalig im laufenden Kalenderjahr konnte das wichtigste Business-Netzwerk der Region (natürlich unter Einhaltung der 3G-Regel) wieder eine Präsenzveranstaltung anbieten. Und was für eine.

Dynamische Regionen – starkes Europa

„Was nicht vorwärts geht, das schreitet zurück", berief sich die gebürtige Französin auf Frankfurts größten Sohn und ließ es sich auch nicht nehmen, Goethe zum Start auf Deutsch zu zitieren. „Europa muss sich vorwärts bewegen, um Rückschritte zu vermeiden. Und das kann es – zum großen Teil dank der Dynamik und Vielfalt seiner Metropolregionen", konstatierte Madame Lagarde. Als Zentren des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in Europa seien die Metropolregionen entscheidend für den Erfolg und den Fortschritt Europas. Die 120 europäischen Metropolregionen – von Porto bis Bukarest, von Neapel bis Helsinki – sorgten dafür, dass Europa im globalen Wettbewerb bestehen könne.

„Trotz ihrer ungewöhnlichen polyzentrischen Struktur, die sich über 75 Städte und Gemeinden und drei Bundesländer erstreckt, ist FrankfurtRheinMain eine der führenden Metropolregionen in Europa. Sie erwirtschaftet heute fast ein Zehntel des deutschen BIP", charakterisierte und würdigte die EZB-Präsidentin FrankfurtRheinMain. Großes Potenzial sieht sie in der Verknüpfung von grüner und digitaler Technologie. Hier gehören die Europäer derzeit zu den Spitzenreitern. Noch. In einer Mischung aus Optimismus, Mahnung und Aufbruch appellierte sie an die Wirtschaft, sich zum Treiber des digitalen und ökologischen Wandels zu machen. „Die Hauptakteure des Wandels werden unweigerlich die europäischen Metropolregionen sein – wie FrankfurtRheinMain", ist sie sich sicher. „Wir bei der EZB können uns glücklich schätzen, FrankfurtRheinMain unser Zuhause zu nennen und Teil dieser lebendigen Gemeinschaft zu sein", endete sie mit einem emotionalen Statement, das auch die vielen Vorteile und Errungenschaften der Region mit einschloss – so auch den Beitrag bei der Corona-Impfstoffentwicklung. Der Dank der Wirtschaftsinitiative und der herzliche Applaus der Mitglieder war ihr sicher!

Reise zu den Anfängen der Wirtschaftsinitiative

Neben dem hochkarätigen Ehrengast waren zahlreiche Gründungsmitglieder und Wegbegleiter zum Jubiläum gekommen. Und so fielen auch die satzungsgemäßen Teile der Mitgliederversammlung 2021 etwas anders aus als sonst. Prof. Bender, Vorsitzender der Wirtschaftsinitiative, holte bei seinem Vorstandsbericht weiter aus. „Vor 25 Jahre haben wir noch mit der D-Mark gezahlt und ein Klapphandy von Motorola genutzt. Das Internet kam auf und eröffnete unendliche Möglichkeiten." In der Europäischen Union sei seinerzeit zudem die Erkenntnis gereift, dass mehr getan werden müsse, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, schlug Prof. Bender den Bogen zu Christine Lagardes Vortrag. „Das Ergebnis war die Lissabon-Strategie, die zum Ziel hatte, die Produktivität und Innovationsgeschwindigkeit innerhalb der EU zu erhöhen. Und damit richtete sich der Blick erstmals auf die Metropolregionen als Motoren dieser Entwicklung." In Deutschland formten sich elf sogenannte Europäische Metropolregionen, die untereinander im Wettbewerb um Investitionen, Ansiedlungen, Fachkräfte und junge Talente stehen.

„Am 6. Mai 1996 kamen 40 Unternehmer zusammen, um die Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain zu gründen. Wir waren überzeugt: Es braucht ein aktives Business-Netzwerk, das die Interessen der Unternehmen vertritt, dabei über Kommunal- und Bundesländergrenzen hinwegdenkt und die Metropolregion in den Mittelpunkt stellt. Und natürlich wollten wir die Entwicklung unseres Wirtschaftsraums nicht allein der Politik überlassen", berichtete Prof. Bender, in seiner Rolle als damaliger Fraport-CEO selbst Gründungsmitglied, aus erster Hand. Ein attraktives und zukunftsfähiges Geschäftsumfeld für Mitarbeiter, Kunden und sonstige Stakeholder zu gestalten, habe etwas mit Infrastruktur zu tun, aber auch mit Lebensqualität und selbstverständlich mit Nachhaltigkeit. „Dies sind die Themen, die die Wirtschaftsinitiative bis heute bewegen und für die wir uns auch in Zukunft einsetzen werden."

Der Einsatz für FrankfurtRheinMain geht weiter

Beim Blick in die Zukunft der Metropolregion treiben Prof. Bender vor allem der schleppende Ausbau der digitalen Infrastruktur, die fortschreitende Verteuerung von Wohnraum und mögliche Steuererhöhungen für Unternehmen um. „Wir müssen beim Glasfaserausbau endlich Tempo aufnehmen und noch viel größere Anstrengungen unternehmen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Und bei der Abschöpfung von Unternehmensgewinnen werbe ich um Augenmaß. Davon hängt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Metropolregion und ganz Deutschlands entscheidend ab", so sein Aufruf in Richtung Politik, der sowohl den neuen Frankfurter Magistrat als auch die künftige Regierungskoalition auf Bundesebene einschließt.

Stand Herbst 2021 setzen sich 133 Mitglieder in der Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain für ihre Region ein – vom internationalen Großkonzern bis zum Mittelständler, vom kleinen Dienstleister bis zum Start-up. „Auch im zweiten Corona-Jahr zeigt der Trend bei unserer Mitgliederentwicklung deutlich nach oben", führte Annegret Reinhardt-Lehmann in ihrem Geschäftsführungsbericht aus. „Wir freuen uns, dass der Mehrwert unseres Netzwerks durchdringt. Nicht selbstverständlich in einer Zeit, in der viele Unternehmen noch mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen haben. Vermitteln, helfen, Verbindungen herstellen, Plattformen und Räume schaffen, neue Projekte aufsetzen, Dinge mit und für unsere Mitglieder möglich machen – das ist unser Angebot. Und im kommenden Jahr werden wir unser Netzwerk hoffentlich auch wieder durch zahlreiche persönliche Begegnungen mit Leben füllen können." Mit dem Business Luncheon-Format Wirtschaftsgespräche am Main soll es nach Möglichkeit bereits Ende 2021 weitergehen. Auch die zweite Ausgabe des neuen, gemeinsam mit drei Mitgliedern aufgesetzten Hybrid-Dialogs Upside Insights steht in den Startlöchern. Fortführen wird die Wirtschaftsinitiative selbstverständlich ihre Start-up-Aktivitäten, darunter die Förderung der Plattform STATION sowie die Durchführung des Mentoring-Programms Boozt your Business. Zahlreiche weitere Projekte, die die Stärken und das Profil der Metropolregion schärfen, sind in der Pipeline.

Kontinuität im Vorstand, neue Gesichter im Beirat

Gewählt wurde auch noch. Mit einstimmigem Votum bestätigte die Mitgliederversammlung Tilman Wittershagen in seinem Vorstandsamt. Zum Leitungsgremium der Wirtschaftsinitiative gehören neben Prof. Bender und Wittershagen auch der Frankfurter IHK-Präsident Ulrich Caspar (Stellvertretender Vorsitzender) und Robert Restani (Schatzmeister).

Direkt vor der Mitgliederversammlung hatte zudem der Beirat der Wirtschaftsinitiative getagt und sich neu konstituiert. Frisch gewählter Beiratsvorsitzender ist Karl-Heinz Streibich, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und ehemals CEO der Software AG. Er löst den langjährigen Beiratsvorsitzenden Dr. Hermann-Josef Lamberti ab. Insgesamt umfasst das interdisziplinär besetzte Gremium, das die Wirtschaftsinitiative in den wichtigsten Fragestellungen fachlich berät, nun 20 renommierte Köpfe.

Fotos: Kirsten Bucher

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