Projekte 26.08.2020

HelfenFRM: „Wir wollen dazu beitragen, die Vielfalt der Lieblingsorte in der Region zu erhalten“

Fünf Fragen an zwei Mitinitiatoren der Support-Plattform

Wirtschaft hilft Wirtschaft: Ziemlich bald nach dem Beginn der Corona-Krise haben sich engagierte Unternehmer zusammengefunden, um den Einzelhandel, die Gastronomie, die kleinen Betriebe in FrankfurtRheinMain zu unterstützen. Sprich: um die „Lieblingsorte" um die Ecke zu retten. Dr. Eric Schott, Gründer und Geschäftsführer der Management- und Technologieberatung Campana & Schott, und Carolin Wagner, Geschäftsführerin der Startup-Anlaufstelle STATION und Organisatorin der Startup SAFARI FrankfurtRheinMain, gehören zu den Initiatoren der Plattform HelfenFRM. Auch die Wirtschaftsinitiative und Mitglied Candylabs sind Teil des Partner- und Unterstützerkreises. Mit Gutscheinaktionen und Crowdfunding ging es während des Shutdowns los, dann kamen mehr und mehr Support-Angebote dazu. Wie es den Lieblingsorten der Region geht und was HelfenFRM in Zukunft vorhat, berichten die beiden Macher im Interview.

Wie entstand HelfenFRM? Wie haben sich die Partner gefunden?

Schott: Den Anstoß gab eine LinkedIn-Diskussion, in der es um bundesweite Initiativen zum Thema Corona-Soforthilfen ging. Die Frage war: Wie kann man Unterstützung für die Lieblingsläden vor Ort – also vor allem Einzelhändler und Gastronomiebetriebe – auf lokaler oder regionaler Ebene organisieren? Daraus ist die Gutschein-Plattform HelfenBerlin hervorgegangen. Die Initiatoren haben signalisiert, dass sie ihr Konzept sehr gerne teilen wollen. Und so entstand die Idee, das Ganze auch in Frankfurt ins Leben zu rufen. Ich habe dann in der Tat sehr kurzfristig den Kontakt mit Caro von STATION, mit Candylabs und einigen weiteren Mitstreitern gesucht und schnell war klar: Wir machen es. Einen großen Anteil am Gelingen hat der Spirit der regionalen Startup-Community und ihrer Partner, dadurch ist es ein wirklicher Jump-Start geworden. Eines der tollsten Erlebnisse für mich während der Corona-Zeit! Vielen Dank auch noch an die Wirtschaftsinitiative, dass Ihr Euch ebenfalls sehr früh zu diesem Projekt committet und unseren Fokus zudem auf die Region gelenkt habt. So wurde aus HelfenFFM schnell HelfenFRM.

Für alle, die HelfenFRM noch nicht so gut kennen: Was bietet die Plattform konkret?

Wagner: Aktuell sind rund 50 Unternehmen auf unserer Plattform registriert. Als wir im April während des Shutdowns starteten, ging es zunächst um die Bereitstellung von Gutscheinen, dafür konnten wir auf der vorkonfigurierten Berliner Plattform aufsetzen. Wir haben aber bereits in den ersten Wochen gemerkt, dass es noch viel mehr und andere Support-Möglichkeiten gibt. Kaum hatten wir angefangen, über unser Vorhaben zu sprechen, kamen zahlreiche Leute aktiv auf uns zu und boten weitere kostenfreie Expertise an. Das ging von der Finanzberatung bis zur Social Media- und Marketing-Beratung. Auch aus dem studentischen Bereich, insbesondere über Erics Hochschulkontakte, erreichten uns Pro-bono-Angebote. Mit der Frankfurt School of Finance & Management und der Goethe-Uni arbeiten wir eng zusammen.

Schott: Ein ergänzendes aktuelles Beispiel: Jemand hatte gesehen, dass auch einige gemeinnützige Organisationen auf unserer Plattform sind und bot an, große Mengen Desinfektionsmittel bereitzustellen. Gerade erst hat die Arche in Frankfurt eine neue Charge erhalten. Die Plattform dient hier der Zusammenführung von Menschen, die etwas spenden und aktiv beitragen wollen. Über HelfenFRM können wir das gut kanalisieren.

Ihr seid ja im engen Austausch mit der HelfenFRM-Community. Welches Feedback bekommt Ihr? Wie ist die aktuelle Stimmungslage in den Läden, Geschäften, Restaurants?

Schott: Ich würde sagen, dass man zwei Phasen unterscheiden kann. Am Anfang strömte viel auf die betroffenen Unternehmer ein, bis hin zur Schließung des Geschäfts. Da war HelfenFRM – das hat uns als Feedback immer wieder erreicht – auch ein wichtiger psychologischer Unterstützungsfaktor. Jetzt geht es für die Unternehmen darum, zu überlegen: Wie machen wir weiter? Ich denke, einige haben realisiert, dass sie in Sachen Digitalisierung noch einen großen Schritt tun müssen. Gerade für viele Einzelhändler ist es eine enorme Hürde, den Weg in ein aktives Online-Umfeld mit digitalen Geschäftskanälen zu gehen. Hier versuchen wir, zu überzeugen und sehr konkret zu unterstützen – man könnte es sogar Missionierungsarbeit nennen.

Wagner: Wir haben in den letzten Wochen zahlreiche Lieblingsorte besucht und den persönlichen Kontakt gesucht. Mein Eindruck aus den Gesprächen: Die meisten haben eine wirklich schwierige Zeit hinter sich, aber die Stimmung ist trotzdem ganz gut. Viele haben sich ziemlich schnell auf die neue Situation eingestellt. Dazu haben natürlich treue Kunden beigetragen, aber eben auch das Gefühl, dass es eine lokale Solidarität und Wertschätzung gibt – etwa durch HelfenFRM. Es ist toll zu sehen, was die Unternehmen in kürzester Zeit geleistet haben – vom Aufbau eines Online-Stores bis zur Social Media-Kampagne. Neben den zahlreichen positiven Storys dürfen wir aber auch nicht diejenigen vergessen, die gekämpft und es leider nicht geschafft haben, die Zeit zu überbrücken. Es wird sich in den kommenden Monaten zeigen, welche weiteren Themen auf die Unternehmen zukommen, zum Teil ist das ja noch gar nicht absehbar. Für uns ist es wichtig zu schauen: Wie und womit können wir jetzt am besten weiter unterstützen? Unter anderem haben wir eine Interview-Serie auf STATION gestartet, um noch mehr Reichweite zu bieten.

Was habt Ihr mit HelfenFRM denn in Zukunft vor? Wie soll sich die Plattform weiterentwickeln?

Schott: Gemeinsam mit studentischen Pro-bono-Teams haben wir strukturiert alle Lieblingsorte befragt. Die Studenten haben eine Positionierungsanalyse erstellt und einige strategische Empfehlungen abgeleitet. Das Ergebnis: Neben der psychologischen und direkten Hilfe wirkt vor allem auch die vermittelte Unterstützung durch HelfenFRM positiv. Das heißt: Kommunikation, Aufmerksamkeit, Austausch. Der Bedarf in Richtung Gutscheine ist abgedeckt, das lassen wir einfach weiterlaufen. In Sachen Digitalisierung, regionale Plattform, Social Media-Nutzung und Vernetzung sind wir dabei, uns einiges einfallen zu lassen...

Wagner: Auch im Hinblick auf Ressourcen müssen wir uns Gedanken machen, wie wir dieses ehrenamtliche Projekt weiterführen wollen. Denkbar ist auch, jemanden einzustellen, der sich kümmert. Wir prüfen gerade, welche Möglichkeiten es hier über Förderanträge gibt. Denn als Learning aus den letzten Monaten nehmen wir mit: Die One-to-One-Begleitung der Lieblingsorte ist sehr bereichernd und bedarf viel Zeit und Aufmerksamkeit. Auf jeden Fall wollen wir weiterhin die Einstellung fördern, lieber lokal einzukaufen.

Und zum Schluss: Verratet Ihr einen Eurer persönlichen „Lieblingsorte" in FrankfurtRheinMain?

Wagner: Es gibt so viele tolle Orte in FrankfurtRheinMain. Das macht es schwer, sich zu entscheiden. Aber einige aus unserer HelfenFRM-Community möchte ich doch stellvertretend highlighten. Sie zeigen die große Bandbreite der Läden, die dafür sorgen, dass wir unser Viertel, unsere Stadt, unsere Region lieben. Da ist zum einen NOÉE Fashion, ein Modeladen an der Frankfurter Schillerstraße. Die beiden sympathischen Betreiberinnen haben in Rekordzeit einen Online-Store auf die Beine gestellt und ein Fashion-Event auf Instagram organisiert. Ebenso beeindruckend ist, mit wie viel Dynamik und Kreativität sich die Betreiber des Glauburg Cafés, der IN-LIVE Cocktailschule und der Kunstgalerie Schlieder Contemporary der Corona-Situation gestellt haben. Darüber hinaus gehe ich persönlich auch gerne zu Freud / Goyagoya. Am besten einfach mal direkt vor Ort oder online vorbeischauen!

Schott: Ja, das sind super Beispiele für spannende Unternehmen, die unsere Region lebendig und liebenswert machen. Mit HelfenFRM und dem Community-Ansatz kuratierter Lieblingsorte wollen wir dazu beitragen, diese Vielfalt zu erhalten und zu fördern. Das ist es auch, was mich persönlich derzeit besonders umtreibt. Wie halten wir die Innenstädte attraktiv? Wie erzeugen wir eine gute Durchmischung mit vielen Lieblingsorten? Eine große Zukunftsaufgabe. Ich bin überzeugt und unsere Erfahrungen mit HelfenFRM bestätigen das: Es braucht eine Kombination aus Erleben vor Ort und digitaler Präsenz. Nur mit einem starken digitalen Arm wird es die kleinen Läden langfristig geben – und das gilt ganz unabhängig von Corona.

Mehr unter:
www.helfenfrm.de
www.station-frankfurt.de/category/helfenfrm

Foto © HelfenFRM

Zur den Personen:

  • Prof. Dr. Eric Schott ist Gründer und Geschäftsführer von Campana & Schott. Seit über 20 Jahren berät er Unternehmen zum organisatorischen und digitalen Wandel – aktuell mit dem Schwerpunkt innovative und nachhaltige Geschäftsmodelle. Eric Schott engagiert sich als Beirat bei verschiedenen Startups sowie als Honorarprofessor an der TU Berlin und an der Goethe-Universität Frankfurt.
  • Carolin Wagner ist Co-Founder und Geschäftsführerin von STATION, einer News-Plattform, die dem wachsenden Startup-Ökosystem der Region eine digitale Anlaufstelle bietet. Das STATION-Flagship-Event Startup SAFARI FrankfurtRheinMain richtet sie im Oktober zum vierten Mal aus – die SAFARI hat sich zur größten dezentralen (digitalen) Veranstaltung der Region für Startups und Innovation entwickelt.

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