Wirtschaftsgespräche am Main 13.03.2020

Wirtschaftsgespräche am Main mit Douglas-CEO Tina Müller

Douglas denkt den Beauty-Handel neu

Hat der traditionelle Einzelhandel noch eine Zukunft? Das fragte Douglas-Chefin Tina Müller bei den 106. Wirtschaftsgesprächen am Main und schob die Antwort gleich hinterher: Das letzte Wort sei hier ganz sicher noch nicht gesprochen. Es brauche neue Store-Konzepte, die im stationären Handel etwas bieten, was man online nicht kriegen kann – und gleichzeitig eine klare Fokussierung auf den E-Commerce. Wie das zusammengeht und welche Veränderungen sie bei Europas führendem Premium-Beauty-Händler bereits erfolgreich angestoßen hat, erläuterte die ehemalige Marketing-Verantwortliche von Opel und „Umparken im Kopf"-Miterfindern bei ihrer Rückkehr in die Rhein-Main-Region.

Aufgeregte Zeiten sind es derzeit – da waren sich alle Gäste einig. Tina Müller hatte an ihrem Kommen festgehalten und somit die aktuelle Ausgabe des Business Luncheons im Frankfurter Hotel InterContinental möglich gemacht. „Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man niemandem die Hand geben kann", bekannte sie angesichts der allgegenwärtigen Coronavirus-Thematik und entsprechender Verhaltensempfehlungen. Ulrich Caspar, Stellvertretender Vorsitzender der Wirtschaftsinitiative und Frankfurter IHK-Präsident, der die Rednerin begrüßte, übermittelte die Solidarität des Unternehmernetzwerks mit allen derzeit besonders von Ausfällen und Absagen betroffenen Wirtschaftszweigen, allen voran die Hotellerie, Gastronomie, Veranstaltungs- und Reisebranche. Womöglich sei dies bis auf Weiteres eine der letzten Veranstaltungen, die regulär stattfinden konnte.

Mit Tina Müller hatte die Wirtschaftsinitiative auch für die zweiten Wirtschaftsgespräche des Jahres eine erfolgreiche Frau gewinnen können, nach Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner Anfang Februar. Übrigens: Spannende weibliche Referentinnen sorgen für einen höheren Frauenanteil bei den Gästen – diesmal rund 30 Prozent.

Eine Zukunftsstrategie auf fünf Säulen

Die Marketing-Expertin begann ihren Vortrag mit einer ungeschönten Zustandsbeschreibung: „Die Veränderungen im Einzelhandel sind dramatisch. Die Menschen kaufen anders und lassen sich anders inspirieren. In der jungen Generation vornehmlich über Social Media." Als sie im November 2017 das Ruder bei Douglas übernahm, stand zudem gerade die französische Kosmetikkette Sephora in Deutschland in den Startlöchern und ihr war schnell klar: „Wir müssen mit den Veränderungen aktiv und positiv umgehen und sie als Chance begreifen."

Bereits Anfang 2018 lancierte die Macherin eine neue Strategie. „#FORWARDBEAUTY" nahm sich zuerst die Marke vor. „In unserem Kernmarkt Deutschland kennen uns 90 Prozent der Menschen. Aber wir beobachteten deutliche Rückgänge im Geschäft und unser Erscheinungsbild war nicht mehr zeitgemäß." So wurde zunächst nicht nur ein neues online-taugliches Logo eingeführt, sondern auch der „Purpose" geschärft. „Wir wollen Menschen durch unsere Beratung und unser Sortiment ermutigen, ihre eigene individuelle Schönheit zu leben." Das schlägt sich unmittelbar in der Store-Gestaltung nieder, die den Wandel von der Abverkaufsplattform zur Shopping Experience widerspiegelt. Bestes Beispiel: das Geschäft auf der Frankfurter Zeil, das zu den größten und wichtigsten deutschen Flagship-Stores gehört. Das neue Store-Konzept setzt auf viel Beratung und Service und ein gemütliches Ambiente. Auch finden zunehmend digitale Features Eingang in die Läden – so zum Beispiel ein „Beauty Mirror", mit dem Make-up-Produkte mittels Augmented Reality „getestet" werden können.

Herzstück der neuen Douglas-Strategie ist der E-Commerce. „Wir haben beschlossen, Online in den Mittelpunkt zu stellen und damit ein echter Omnichannel-Player zu werden. Denn Kunden präferieren die Anbieter, die die Online-Welt und den stationären Handel bestmöglich verbinden." Dafür wurde zusätzliches Know-how ins Haus geholt und eine Plattform aufgebaut. Als erster Händler aus dem Beauty-Bereich betreibt Douglas einen Marktplatz, auf dem auch Partner mit nicht-überlappendem Sortimenten ihre Waren anbieten können – etwa Schmuck oder Taschen. Gestartet im Dezember 2019, läuft der Marktplatz seither erfolgreich mit bereits 14.000 zusätzlichen Produkten. Apropos Sortiment: „Wir haben uns entschieden, nicht in den Wettbewerb zu Drogeriemärkten zu gehen. Unser Spielfeld ist und bleibt der Premiummarkt mit Luxuskosmetik. Aber wir greifen verstärkt neue Trends auf und bilden sie in unserem Sortiment ab." Dazu gehörten Exklusivmarken, eigene Produktlinien oder Naturkosmetik. „Unser Anspruch ist One-Stop-Shopping, bei uns soll man alles bekommen. Deshalb haben wir unser Sortiment von 32.000 auf rund 55.000 Produkte aufgestockt", so Müller.

Der letzte strategische Eckpfeiler, den sie beschrieb, ist das Customer-Relationship-Management. Dank der rege genutzten Kundenkarte verfügt Douglas über eine große Menge an validen Kundendaten und macht diese zunehmend durch KI und Machine Learning nutzbar. Ziel ist ein personalisiertes 1:1-Marketing, bei dem jeder Kunde individuelle Newsletter, App-Ansichten etc. eingespielt bekommt – passend zu seinen Bedürfnissen.

Und was hat das alles gebracht? Die Strategie habe an vielen Stellen gegriffen, sagt Müller. „Unsere Kunden nehmen deutlich wahr, dass sich bei Douglas etwas getan hat. Und der Kapitalmarkt hat unsere jüngsten Zahlen sehr gut aufgenommen." Das Wachstum lag zuletzt wieder bei sechs Prozent, in Deutschland sogar bei acht Prozent. Bleibt die Sorge um die Auswirkungen der Coronavirus-Krise. „Ich drücke uns allen die Daumen, dass wir gut durch diese schwierige Situation hindurchkommen."

Fotos: Kirsten Bucher

„Wirtschaftsgespräche am Main" ist ein exklusives Veranstaltungs- und Kooperationsformat, das die Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain gemeinsam mit der Messe Frankfurt, dem Hotel InterContinental Frankfurt und der F.A.Z. ausrichtet.

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