Wirtschaftsgespräche am Main 07.10.2020

Wirtschaftsgespräche am Main mit Merck-CEO Dr. Stefan Oschmann

„Wir bauen fest auf die Region FrankfurtRheinMain“

Die Wirtschaftsgespräche am Main sind zurück. Bei der 107. Ausgabe des renommierten Business-Talk-Formats war vieles anders, doch eines gleich: Ein hochkarätiger Speaker sorgte für hochspannende Einblicke. Passender hätte er bei der ersten Präsenzveranstaltung der Wirtschaftsinitiative seit fast sieben Monaten zumal nicht sein können. Dr. Stefan Oschmann, CEO der Darmstädter Merck Group, berichtete, wie sich das Wissenschafts- und Technologieunternehmen zu einem der erfolgreichsten DAX-Konzerne entwickelt hat und tatkräftig zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie beiträgt, wie die Corona-Krise als Katalysator wirken kann und warum FrankfurtRheinMain der beste Ort für den Global Player ist. Und das alles unter dem spektakulären Kuppeldach der Jahrhunderthalle!

Der Zufall wollte es so: Als von Corona und COVID-19 noch längst keine Rede war, stand Dr. Oschmann bereits für Anfang Oktober 2020 im Kalender der Wirtschaftsgespräche am Main. Ob sie stattfinden konnten, war – wie bei allen Events derzeit – lange unklar. „Der Zuspruch aus dem Mitgliederkreis hat uns Mut gemacht", beschrieb Wirtschaftsinitiative-Geschäftsführerin Annegret Reinhardt-Lehmann den Abwägungsprozess. Einen gewichtigen Anteil hatte zudem die Wahl der Location. Die Jahrhunderthalle Frankfurt, seit Jahresbeginn Mitglied des Netzwerks, sprang für das aktuell Corona-bedingt geschlossene Hotel InterContinental ein und stellte sogar ihren großen Kuppelsaal zur Verfügung – samt ausgefeiltem Raum- und Hygienekonzept. Die rund 60 Teilnehmer fanden sich nunmehr in gebührendem Abstand voneinander auf der Bühne der Spielstätte platziert – genau dort, wo schon Legenden wir Janis Joplin und Jimi Hendrix aufgetreten waren. Prof. Dr. Wilhelm Bender, Vorstandsvorsitzender der Wirtschaftsinitiative, begrüßte die Gäste in diesem außergewöhnlichen Ambiente herzlich und dankte nicht nur Jahrhunderthalle-Chef Moritz Jaeschke und seinem Team, sondern natürlich insbesondere Dr. Oschmann, der an seinem Kommen standhaft festgehalten hatte.

Zukunftsstandort Darmstadt

„So verheerend die Pandemie auch ist: Sie hat das Potenzial, uns voranzubringen – wenn wir aus der Krise lernen", kam Oschmann gleich zur Sache. Seine These: Die Krise ist ein Katalysator und stößt Dinge an, von denen wir langfristig profitieren werden. Zudem erkenne die Gesellschaft die zentrale Rolle der Wissenschaft und Forschung. „Der wichtigste Wirkstoff gegen das Virus ist schließlich Innovation", so Oschmann weiter. Für Merck sind es spannende und herausfordernde Zeiten. Das älteste Pharmaunternehmen der Welt sieht sich heute als Wissenschafts- und Technologiekonzern. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 55 Milliarden Euro ist Merck inzwischen sogar wertvoller als BASF oder Bayer. Damit verfügt die Metropolregion über ein echtes Juwel. Gründer Emanuel Merck, der übrigens aus der gleichen fränkischen Kleinstadt wie Oschmann stammte, hat vor 352 Jahren den Grundstein in Darmstadt gelegt, die Eigentümerfamilie ist heute in der 13. Generation. „Wir sind in der Welt zu Hause, aber wissen sehr genau, wo wir herkommen", betonte der promovierte Veterinärmediziner. „Wir bauen fest auf die Region FrankfurtRheinMain und den Zukunftsstandort Darmstadt. Nirgendwo gibt es so viel Merck-relevantes Know-how wie hier." Bis 2025 investiert Merck eine Milliarde Euro in Südhessen.

Erfolgsgeschichte auf drei Säulen

Drei Prioritäten habe es seit Beginn der Pandemie für Merck gegeben: Mitarbeiter schützen, Business Continuity gewährleisten – und eine aktive und positive Kraft sein, um Lösungen zu finden. Das tut das Unternehmen in wiederum drei innovationsgetriebenen Geschäftsbereichen: Healthcare, Life Sciences und Performance Materials. Dahinter verbirgt sich zum einen das klassische Pharmageschäft. „Wir kämpfen gegen schwere Krankheiten und entwickeln zum Beispiel Krebs-, MS- oder Diabetesmedikamente. Zudem haben wir viele Projekte im COVID-19-Kontext gestartet", erläuterte Oschmann das Portfolio. So soll ein Wirkstoffkandidat gegen den gefürchteten Zytokinsturm, die überschießende Immunantwort, bei Erkrankten zum Einsatz kommen. Mit seiner zweiten Sparte unterstützt Merck Wissenschaftler und Pharmaunternehmen. „Stellen Sie sich unsere Rolle hier am besten wie die eines Automobilzulieferers vor. Wir helfen zum Beispiel den Impfstoffentwicklern, ihre Produktion auf ein industrielles Niveau zu heben." Das dritte Standbein macht Merck zum zukunftsträchtigen Tech-Player. Der Weltmarktführer im Bereich Flüssigkristalle stattet nicht nur Bildschirme und Displays aus, sondern sortiert sich auch im Halbleitermarkt weit vorne ein, nicht zuletzt dank eines Zukaufs im letzten Jahr. „Wir stehen hinter den Unternehmen, die die Digitalisierung treiben."

Auf Kooperation und Solidarität kommt es an

Mit der Reaktion der Politik in der Corona-Krise zeigte er sich auf Bundes- wie Landesebene zufrieden. Allerdings müsse an der „Pandemic Preparedness" gearbeitet werden. „Für Experten war die Pandemie keine Überraschung. Die Frage war nicht, ob sie kommt, sondern wann. Wir brauchen umso mehr multilaterale Kooperation und den internationalen Schulterschluss", warf er den Blick nach vorne. Auch Datennutzung und Datenethik seien wichtige Themen, die rational angegangen werden müssten. Die Zukunft von Merck wird er indes im kommenden Jahr in andere Hände legen – seine Geschäftsleitungskollegin Belén Garijo übernimmt im Mai planmäßig den Staffelstab. Sie wird damit erst die zweite Frau sein, die einem DAX-Unternehmen vorsteht. „Ich finde, wir sehen in der Krise eine außergewöhnliche Solidarität. Das sollten wir uns bewahren", schloss Oschmann, bevor er sich den Fragen der Gäste stellte.

Fotos: Kirsten Bucher

„Wirtschaftsgespräche am Main" ist ein exklusives Veranstaltungs- und Kooperationsformat, das die Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain gemeinsam mit der Messe Frankfurt, dem Hotel InterContinental Frankfurt und der F.A.Z. ausrichtet.

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