Mitglieder 31.03.2020

Mitglied Hauck & Aufhäuser: Fünf Fragen an den Frankfurter Niederlassungsleiter Naveed Arshad

„Austausch hilft uns, ein klareres Bild zu erhalten und die richtigen Handlungsoptionen abzuleiten“

Wie ist die Lage? Welche Maßnahmen ergreifen Sie jetzt? Wie gestalten Sie den Kundendialog? Wie funktioniert die Home-Office-Arbeit? Und was können wir in der Region gemeinsam tun, um die Corona-Krise zu bewältigen? Das und vieles mehr wollen wir in loser Folge in unserem Netzwerk nachfragen. Den Anfang macht Naveed Arshad, der Frankfurter Niederlassungsleiter unseres Mitglieds Hauck & Aufhäuser. Die Privatbank gehört zum Fosun-Konzern und hat dadurch auch ein Ohr in China. Kommt Hoffnung aus Fernost?

Herr Arshad, die Corona-Krise hat Menschen und Märkte fest im Griff und ist eine enorme Herausforderung für jedes Unternehmen und jede Branche. Wie sieht die Lage bei Ihnen im Haus aus? Wie organisieren Sie die Arbeit?

Die Welt hat das Coronavirus unterschätzt. Umso drastischer waren vor einigen Wochen die Reaktionen an den Kapitalmärkten, als klar wurde, wie schnell sich das Virus ausbreitet. Die Wirtschaft wurde durch die Dynamik der letzten Wochen überrascht.

Um den Bankbetrieb auch in Ausnahmesituationen aufrechtzuerhalten, hat Hauck & Aufhäuser bereits vor einigen Wochen einen Maßnahmenplan erarbeitet, der dem Schutz unserer Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Geschäftspartner dient. Zum Beispiel haben wir eine „Home-Office-Readiness" von über 95 Prozent erreicht. Wir bleiben also zu Hause – aber sind natürlich weiterhin immer für unsere Kunden da!

Was brauchen Ihre Kunden und wie gestalten Sie im Moment den Kundendialog? Welche Erfahrungen machen Sie dabei mit neuen virtuellen Wegen?

Aktuell werden wir von Informationen geflutet. Deswegen sind profunde Informationen sowie deren Bewertung in Bezug auf mögliche Entwicklungen und Handlungsoptionen essentiell.

Aus diesem Grund haben wir ein zentrales Informationsportal eingerichtet: https://www.hauck-aufhaeuser.com/corona-updates. Dort finden unsere Kunden sowie Geschäftspartner Informationen rund um die wirtschaftliche Lage und unsere Maßnahmen. Andererseits braucht es das persönliche, vertrauliche Gespräch – das kann durch nichts ersetzt werden. Deshalb stehen wir mit unseren Kunden im Private Banking im regen Dialog. Moderne Kommunikationsmittel erlauben uns mittlerweile, trotz des aktuellen Kontaktverbots miteinander zu sprechen. Auch Videotelefonie mit mehreren Teilnehmern ist mit jedem Smartphone per Knopfdruck möglich. Dabei darf man die Sicherheit der Kommunikationskanäle nicht außer Acht lassen.

Welche Anlagestrategien empfehlen Sie Ihren Kunden in der Krise?

Die Corona-Situation wird weltweit eine Rezession verursachen. Die Frage ist, wie tief diese sein wird und wie lange sie anhält. Um Leben zu schützen, hat die Regierung ein Kontaktverbot ausgesprochen. Die damit bezweckte Eindämmung des Coronavirus bedeutet gleichzeitig eine Vollbremsung der wirtschaftlichen Aktivitäten. Für die Kapitalmärkte wird entscheidend sein, wann das Kontaktverbot aufgehoben wird, damit die Wirtschaft wieder auflebt und ebenso, mit welcher Dynamik die konjunkturellen Erholungstendenzen eintreten werden.

Im Private Banking interessiert uns vor allem, wann endlich der Boden der Aktienmärkte gefunden sein wird. In volatilen Marktphasen kann man sich das Kurs-Buch-Verhältnis (KBV) der an den Börsen notierten Unternehmen anschauen. Für den DAX 30-Index lag es im März zeitweise unter 1, die aggregierte Marktkapitalisierung aller Unternehmen war also geringer als die zusammengefassten Buchwerte (Vermögen minus Schulden) der im DAX versammelten Firmen. Kurse unter den Buchwerten deuten auf schwere Rezessionen hin. Zur Einordnung: 2009 lag der tiefste Wert im DAX-KBV bei 0,93. Würde dieser Wert heute wieder erreicht werden, wäre das mit einem DAX-Stand von rund 7.500 Punkten vereinbar. Dies lässt den vorsichtigen Schluss zu, dass der weitaus größte Teil des Kurssturzes bereits hinter uns liegt.

Die derzeitige Gemengelage ist für Ökonomien und Kapitalmärkte komplex und labil obendrein. Gerade jetzt ist es ungemein wichtig, den Datenkranz der Kapitalmärkte umfassend und eingehend zu analysieren, um auf mögliche Trendwechsel – nach oben wie nach unten – unverzüglich reagieren zu können. Die Erfahrungen aus 2008/09 lehren, dass der Grundstein für die Aktienhausse der folgenden Jahre gelegt wurde, als im Januar und Februar 2009 die Gewinnerwartungen regelrecht kollabierten und sich ihrem Tiefpunkt näherten. Daher konzentrieren sich unser Aktivitäten darauf, diesen Punkt im heutigen Zyklus möglichst gut zu treffen – zum Wohle der uns anvertrauten Vermögen.

Hauck & Aufhäuser gehört zum chinesischen Konzern Fosun. Was hören Sie aus Ihrem internationalen Netzwerk? Wie entwickelt sich die Situation in China?

Wir verzeichnen einen kontinuierlichen Anstieg des Verkehrsaufkommens und des Kohleverbrauchs in China. Allerdings verlangsamt sich diese Erholung in China vorerst, da einige wenige neue, lokale Infektionsfälle wieder zu Schließungen von öffentlichen Einrichtungen in den betroffenen Städten geführt haben.

Wenn China als Blaupause für den Rest der Welt dienen kann, besteht Hoffnung auf eine beginnende Normalisierung auch des wirtschaftlichen Lebens in Europa und USA im Verlauf des 2. Halbjahres.

Was kann die Wirtschaft in FrankfurtRheinMain, was kann die Region jetzt gemeinsam tun, um die Krise zu bewältigen?

Das ist kurz und bündig auf den Punkt zu bringen: Im Rhein-Main-Gebiet kommt viel Know-how und Erfahrung aus verschiedensten Wirtschaftssektoren zusammen. Der Austausch untereinander hilft uns, ein klareres Bild zu erhalten und daraus die richtigen Handlungsoptionen abzuleiten. Lassen Sie uns daher im Austausch bleiben.

Vielen Dank!

 

Zur Person:

Naveed Arshad (41) leitet bei Hauck & Aufhäuser die Frankfurter Private-Banking-Niederlassung sowie den Bereich Investmentlösungen. Der Diplom-Kaufmann arbeitete zuvor bei namhaften Großbanken wie UBS AG, Barclays und Goldman Sachs, wo er sowohl im Bereich Private Banking als auch Investment Banking tätig war.

Zum Unternehmen:

Hauck & Aufhäuser hat sich seit 1796 der Verwaltung von Vermögen privater und institutioneller Kunden verschrieben. Dies beginnt mit der digitalen Vermögensverwaltung Zeedin, reicht über die klassische Vermögensverwaltung und mündet in umfassenden Fondsdienstleistungen in Deutschland und Luxemburg. Das breite Angebotsspektrum des Bankhauses lässt sich wie folgt zusammenfassen: Privatbank & Mehr!

Foto © Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG

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