Meinung 31.10.2016

Angemerkt von Prof. Dr. Wilhelm Bender

Vielfalt, Vertrauen, Wohlstand

Wie hält es FrankfurtRheinMain mit der Zukunftsorientierung? Auf diese Gretchenfrage gibt unsere Metropolregion aktuell keine eindeutige Antwort. Finanzplatz und Immobilienbranche hoffen auf den Brexit-Boom. Gleichzeitig bereiten die Nachrichten, die uns aus den großen deutschen Bankhäusern erreichen, Sorgenfalten. Das Tauziehen um die Börsenfusion zwischen Frankfurt und London samt Standortwahl geht in die nächste Runde. Und am Frankfurter Flughafen läuten in Sachen Lärmobergrenze sogar die Alarmglocken. Was unsere Metropolregion jetzt dringend braucht, ist Vertrauen. Vertrauen in nachhaltiges politisches Handeln.

Auch wenn der Zeitplan sich inzwischen etwas deutlicher abzeichnet: Welcher Standort zum größten Brexit-Profiteur werden wird, ist nach wie vor ungewiss. FrankfurtRheinMain fehlt die klare politische Rückendeckung auf Bundesebene – eine echte Hypothek im direkten Vergleich mit den anderen Aspiranten. Umso wichtiger, dass wir hier alles in die Waagschale werfen. Und damit meine ich keine Steuererleichterungen, sondern die faktischen Vorteile unserer gesamten Metropolregion. Wer die Region bestenfalls halbherzig mitdenkt, kann hier nicht erfolgreich sein – das ist meine tiefe Überzeugung. Es gilt jetzt dranzubleiben, unsere gebündelten Benefits immer wieder ins Schaufenster zu stellen und diese vor allem emotional zu vermitteln. Hierzu sei nochmals der Hinweis auf die bemerkenswerte Studie von BCG aus dem Sommer erlaubt, die unserer Region ein sehr gutes Zeugnis als Standortalternative zu London ausstellte, aber Nachholbedarf in der Außenwirkung attestierte.

Doch Brexit-Chancen hin oder her: Die Finanzbranche steht in jeglicher Hinsicht vor großen Herausforderungen und Umbrüchen – und das betrifft und trifft die Metropolregion FrankfurtRheinMain besonders. Die Banken müssen ihre Geschäftsmodelle neu sortieren und suchen den Schlüssel zur digitalen Zukunft der Finanzdienstleistung, was natürlich auch die Zahl der Arbeitsplätze tangiert. FinTechs, die neuen auf IT basierenden und an Kundenbedürfnissen orientierten Start-ups, schießen wie Pilze aus dem Boden (leider auch anderswo als in unserer Region), ringen aber noch mit der Monetarisierung ihrer innovativen Ideen. Und ob die Fusion der Deutschen Börse mit der London Stock Exchange trotz kartellrechtlicher Bedenken tatsächlich kommt und was das für den Finanzplatz Frankfurt bedeutet, erfahren wir frühestens 2017.

Prof. Dr. Wilhelm Bender, ehemals CEO von Fraport, ist Vorstandsvorsitzender der Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain.

Vor diesem Hintergrund wird ein ums andere Mal deutlich, wie wichtig es ist, dass unsere Wirtschaft auf einem starken Fundament und mehreren tragenden Säulen steht. FrankfurtRheinMain ist Finanzmetropole, Logistik-Hub, Industriestandort, IT-Knoten, Dienstleistungszentrum, Wissensregion. Unsere wirtschaftliche Vielfalt macht uns vital und flexibel – und da geht noch viel mehr. Doch dafür braucht es eine Politik, die sich als „Treiber" von Innovation und Zukunft versteht. Aktuell erleben wir hier jedoch ein gegenteiliges Beispiel. Von Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier jüngst noch „Herzmuskel der Region" getauft, drohen dem Frankfurter Flughafen durch die geplante Lärmobergrenze deutliche Einschränkungen und dadurch massive Wettbewerbsnachteile. Und das trotz höchstrichterlich bestätigter Planfeststellung! Definitiv ein widersprüchliches und vor allem falsches Signal an all die internationalen Unternehmen, die wir doch von unserer Region überzeugen wollen. Rechtliche Verbindlichkeit, Planbarkeit und politisches Vertrauen sind absolut unverzichtbar, wenn es um Investitionsentscheidungen und damit um die Sicherung des Wohlstands in unserer Region geht.

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