Mitglieder 18.06.2025

Mitglied RMV: Fünf Fragen an Prof. Knut Ringat

„Die Menschen wollen den ÖPNV“

Herzlichen Glückwunsch, RMV. Seit genau 30 Jahren bewegt der Rhein-Main-Verkehrsverbund die Region und ist Teil des alltäglichen Lebens von Millionen Menschen. Um mehr als die Hälfte ist das Fahrgastaufkommen seitdem angestiegen und auch die Herausforderungen sind mitgewachsen. Im Mitglieder-Interview berichtet der Vorsitzende der RMV-Geschäftsführung Prof. Knut Ringat, wie das Deutschland-Ticket in der Region ankommt, welche Angebote es speziell für Unternehmen und Mitarbeitende gibt und wie sich der RMV in seinem Jubiläumsjahr zum deutschlandweiten Vorreiter im Bereich autonomes Fahren im ÖPNV gemacht hat. Hallo Zukunft!

825 Millionen Fahrgäste konnte der RMV zuletzt verzeichnen – ein Höchststand. Was hat dazu beigetragen?

Die Einführung des Deutschland-Tickets 2023 gab den Fahrgastzahlen einen spürbaren Schub und das zeigt: Ein einheitliches und einfaches Tarifprodukt zu einem attraktiven Preis kommt gut an. Der neue Fahrgasthöchststand von rund 825 Millionen Fahrgästen in 2024 – und das trotz Home-Office – ist umso erfreulicher. Das macht deutlich: Die Menschen wollen den ÖPNV! Das Deutschland-Ticket müssen wir gemeinsam zum Erfolg führen, preislich muss das Ticket für Fahrgäste und Branche gleichermaßen verlässlich sein. Es braucht eine langfristige Finanzierungszusage, eine einheitliche Governance, eine geregelte Einnahmenaufteilung sowie ein Deutschlandangebot und einen kundenfreundlichen, digitalen und einheitlichen Vertrieb. Bekommt das Deutschland-Ticket durch die Politik eine langfristige Perspektive, ist für den klassischen RMV-Tarif eine Tarifreform möglich. Neben dem Deutschland-Ticket könnten die kleineren, oft sogar teureren Tickets abgeschafft und Licht in das Dickicht des Tarif-Dschungels gebracht werden.

Stichwort Deutschland-Ticket: Wie profitieren Unternehmen und ihre Mitarbeitenden ganz konkret davon?

Für Unternehmen ist natürlich vor allem das RMV-JobTicket von Interesse, da die Mitarbeitenden hier zum geringen Preis flexibel mobil sein können. Nicht umsonst ist das RMV-JobTicket bereits seit Jahren sehr beliebt, vor allem auch wegen der attraktiven Mitnahmemöglichkeit* von Familie und Freunden abends und am Wochenende. Einen weiteren Schub bekam es durch die Variante mit Deutschland-Ticket: Durch das Deutschland-Ticket Job können Mitarbeitende nun bequem mit einem Ticket durch ganz Deutschland reisen. Das Unternehmen kann dies mit mindestens 25 Prozent oder bis zu 100 Prozent finanzieren. Vor Einführung des Deutschland-Ticket Job gab es 515 Verträge für das RMV-JobTicket – derzeit haben wir rund 315 RMV-JobTicket-Verträge mit ca. 160.000 Berechtigten sowie 880 Verträge für das Deutschland-Ticket Job, die es wiederum ca. 102.000 Berechtigten ermöglichen, zum kleinen Preis über Hessens Grenzen hinaus auf lange Reise zu gehen.

Welche weiteren Angebote hat der RMV für Firmen? Was hat es mit dem Konzept „Mobilitätsbudget“ auf sich?

Mit dem Mobilitätsbudget können Mitarbeitende für einen vom Unternehmen festgelegten Betrag monatlich individuell Verkehrsmittel aller Art nutzen und erhalten das Geld im nächsten Monat automatisch über die Gehaltsabrechnung zurück. Der große Vorteil des Mobilitätsbudgets liegt zudem nicht nur in der individuellen Auswahl, sondern auch in der Abwicklung. Die Abwicklung ist digital, einfach und kann in wenigen Schritten umgesetzt werden. Das Unternehmen kann die Auswahl der Verkehrsmittel nach ihren Mobilitätsrichtlinien festlegen und Mitarbeitende können frei entscheiden, wie sie unterwegs sein möchten. Das Deutschland-Ticket Job ist hiermit einwandfrei kombinierbar, sodass Mitarbeitende den Hauptteil des Heimwegs mit dem Zug oder dem Bus zurücklegen können, bevor sie dann die anderen Mobilitätsoptionen, beispielsweise den E-Scooter, für die restlichen Meter nach Hause benutzen. Alles läuft bequem über die RMVplus-App: Belege hochladen, Mobilitätsdienste buchen – fertig. Hinter dem reibungslosen Ablauf steht die Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Anbieter MOBIKO. Seit Mitte 2024 bietet der RMV als Arbeitgeber auch seiner Belegschaft das Mobilitätsbudget neben dem RMV-JobTicket als weiteren Benefit an.

Der RMV wird dieses Jahr 30 Jahre alt. Wie hat sich Mobilität seither verändert? Und wie feiern Sie das Jubiläum?

In den vergangenen 30 Jahren hat sich der RMV von einer anfänglichen Vision zu einem innovativen und zukunftsorientierten Verkehrsverbund entwickelt. Wir verbinden die Menschen der Region, bringen sie zusammen. Wir sind Teil des täglichen Lebens der rund 2,5 Millionen Menschen, die wir jeden Tag im RMV befördern. Bei uns kommen Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten, aus allen Hintergründen zusammen. Die Unterschiede zwischen den Anfängen des RMV und dem heutigen Stand können sich dabei sehen lassen: Anfang der 1990er Jahre stand der Schienenverkehr vor großen Herausforderungen. Über viele Jahre war die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs gesunken. Heute hat sich unser S-Bahn-Angebot verdoppelt und die heutigen Tickets haben die Tarifangebote und ÖPNV-Möglichkeiten revolutioniert. Aber: Bei einem Fahrgastwachstum von 56 Prozent und gleichzeitig nur zwei Prozent Infrastrukturausbau stoßen wir nun seit geraumer Zeit an unsere Grenzen, die Maximalauslastung des Schienennetzes ist erreicht, es gibt also auch weiterhin seitens Regierung und Deutscher Bahn viel zu tun.

Die Feierlichkeiten zu unserem 30. Geburtstag haben wir Ende Mai mit einer internen Veranstaltung sowie einer offiziellen Feier mitsamt allen Gesellschaftern und Aufsichtsratsmitgliedern eröffnet. Das Jubiläumsprogramm ist aber noch nicht vorbei. Wir haben uns ein paar ganz besondere Aktionen einfallen lassen, die uns und unsere Fahrgäste die nächsten Monate noch begleiten werden. Man findet den RMV beispielsweise auf dem Hessentag, kann bei diversen Gewinnspielen teilnehmen oder auch kleine Live-Konzerte an vielen Stationen erleben, da haben wir uns einiges ausgedacht – ganz nach dem Motto: „RMV – mit euch durchs Leben“.

Blick nach vorne: Wie wird der Nahverkehr in FrankfurtRheinMain morgen aussehen? Welche spannenden Zukunftsprojekte hat der RMV in Arbeit?

Auch nach 30 Jahren Verbundgeschichte gibt es immer noch viel Potenzial, da ist nach wie vor viel Luft nach oben. Vor allem die Digitalisierung in unserer Branche muss vorangetrieben werden, der Vertrieb sollte idealerweise in naher Zukunft deutschlandweit einheitlich digital laufen. Eine der größten Herausforderungen aktuell ist auch die Qualität der Schienenleistungen, mit dem Infrastrukturausbau wird diese bis 2030 aber zunehmend besser werden. Hinzu kommt der Mangel an Personal in den Stellwerken und im Betrieb. Wir arbeiten hier eng mit den Verkehrsunternehmen zusammen und unterstützen deren aktuelle Einstellungsinitiativen. Gleichzeitig versuchen wir unsere Rufbus-Angebote weiter auszuweiten, damit On-Demand und ÖPNV schon bald Hand in Hand gehen. Das wohl spannendste Projekt: Seit Ende Mai ist unser voll autonom fahrendes KIRA Shuttle im Testbetrieb. Das ist in Deutschland derzeit noch einzigartig und wir freuen uns sehr, Vorreiter bei einem so tollen Projekt sein zu dürfen. Nur durch diese Art der neuen Technologien und Angebote können wir unseren Fahrgästen auch trotz der Herausforderungen, die der nur noch stärker werdende Fachkräftemangel in den nächsten Jahren mit sich bringen wird, ein zuverlässiges Angebot garantieren.

 

* Die Mitnahmeregelung gilt von Montag bis Freitag ab 19 Uhr und an Wochenenden und hessischen Feiertagen ganztägig für eine erwachsene Person und beliebig viele Kinder unter 15 Jahren.

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Zur Person:

Prof. Knut Ringat ist Geschäftsführer und Vorsitzender der Geschäftsführung des Rhein-Main-Verkehrsverbundes. Im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV) engagiert er sich als Vizepräsident. Er hat zudem eine Honorarprofessur an der TU Dresden und ist Mitglied im Aufsichtsrat des House of Logistics and Mobility (HOLM GmbH). An der Hochschule für Verkehrswesen Friedrich List in Dresden studierte Prof. Knut Ringat Technische Verkehrskybernetik. Vor seinem Wechsel in die Rhein-Main-Region hatte er verschiedene Fach- und Führungspositionen bei den Dresdner Verkehrsbetrieben, der Stadtverwaltung Dresden sowie dem Verkehrsverbund Oberelbe inne.

Fotos © Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH

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