Mitglied right°: Fünf Fragen an Hannah Helmke
„Vergleichbarkeit lädt ein, die Rolle des sichtbaren Vorreiters einzunehmen“
Was wäre, wenn die größten und erfolgreichsten Unternehmen Deutschlands ihre Klimaziele erreichen würden? Und was, wenn nicht? Das hat unser Mitglied right° erstmalig in einer aktuellen Studie untersucht. Hannah Helmke, Co-Gründerin und CEO des ClimateTech-Startups, stellt den whatif-Report 2024 und seine Hintergründe und Ergebnisse in unserem aktuellen Mitglieder-Interview vor. Spannende Einblicke – nicht nur für DAX-Unternehmen!
Frau Helmke, wie ist der whatif-Report entstanden?
Ab nächstem Jahr müssen die ersten Unternehmen berichten, wie sie ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie auf das 1,5°C-Ziel ausrichten. Das bedeutet sehr viel Arbeit und diese Arbeit macht nicht immer Freude, weil das Thema 1,5°C sehr komplex und zugegeben auch kompliziert ist. Das führt dazu, dass aktuell viel Unmut zur regulatorischen Last herrscht, die auf den Unternehmen liegt. Und das ist auch verständlich. Der whatif-Report soll allen Beteiligten die Möglichkeit geben, einen Schritt zurückzutreten und zu sehen, warum wir diese Aufgabe lösen müssen: Weil sich die Wirtschaft in der Tat transformiert und man hier nicht vor lauter Schimpferei den Anschluss verlieren sollte! Dass sich die Wirtschaft transformiert, sieht nur keiner, weil jeder seine Erfolge in der Emissionsreduktion in einer anderen Sprache erzählt. Der whatif-Report zeigt den Beitrag der DAX40-Unternehmen zum Klimawandel in °C auf. Er übersetzt also alle Geschichten in vergleichbare °C und damit wird der Fortschritt in Richtung 1,5°C sichtbar. Wir glauben, dass diese Vergleichbarkeit einlädt, sich anzustrengen, um die Rolle des sichtbaren Vorreiters einzunehmen. Damit setzen wir ein positives Gegengewicht gegen den aktuellen Unmut und erstellen ein Narrativ, in dem die Anstrengungen ganz klar Sinn machen und sich lohnen.
Welche zentralen Take-Aways lassen sich aus der Studie ableiten?
Das wichtigste Take-Away ist, dass die DAX40 zu 2,3°C Erderwärmung beitragen, würden sie ihre kommunizierten Klimaziele erreichen. Hier muss also noch nachgeschärft werden, wenn der hohe Anspruch der „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) der EU auf 1,5°C erfüllt werde soll. Mitgenommen haben wir auch, dass einige DAX40-Unternehmen noch kein Klimaziel gesetzt haben, das es im Sinne der CSRD einem externen Stakeholder ermöglicht, die Ambition des Ziels zu verstehen. Darunter sind auch Unternehmen mit einem Science Based Target, die aktuell unter anderen Aspekten genau dafür stark kritisiert werden. Ein weiteres interessantes Ergebnis ist, dass bereits sechs der DAX40-Unternehmen nicht nur ein 1,5°C-konformes Klimaziel haben, sondern seit dem Jahr der Zielsetzung auch auf dem 1,5°C-Pfad unterwegs sind. Diesen Firmen gratulieren wir, denn sie haben das Thema 1,5°C scheinbar für sich geknackt!
Wie kam die Erhebung bei den DAX-Unternehmen an?
Alle DAX40-Unternehmen wurden über die Analyse informiert und eingeladen, ihre eigenen X-Degree Compatibility (XDC)-Ergebnisse gemeinsam durchzusprechen. Außerdem wurden alle DAX40 zu einem Round Table bei der Kanzlei Clifford Chance in Frankfurt eingeladen, um die übergreifenden Ergebnisse vor dem Hintergrund des neuen Gesetzes zu diskutieren. Knapp die Hälfte der DAX40 hat diese Angebote angenommen. In den Gesprächen wurde immer wieder betont, wie wertvoll die Sichtbarkeit von Best Practice durch die vergleichende °C-Zahl werden könnte, um in der Transition mit guten Beispielen voranzukommen. Natürlich gab es auch wertvolles Feedback zum Verbesserungspotenzial der XDC-Analyse für nächstes Jahr. Zum Beispiel möchten sich die Unternehmen für die XDC-Analyse nicht nur einem, sondern verschiedenen Sektoren zuordnen – nächstes Jahr wird das auch möglich sein.
Wie geht es mit dem whatif-Report 2025 weiter?
Im Jahr 2025 werden wir nicht nur die DAX40, sondern auch die Unternehmen aus dem MDAX, TechDAX und SDAX in den Report aufnehmen. Außerdem ist es ab nächstem Jahr möglich, sich namentlich nennen zu lassen. Wenn ich also zu den Unternehmen gehöre, die nicht nur ein 1,5°C-Ziel haben, sondern auch den 1,5°C-Pfad seit Zielsetzung eingehalten haben, dann habe ich mit dem whatif-Report 2025 die Möglichkeit zu erklären, wie ich das geschafft habe. Die Medien interessieren sich sehr für authentische Geschichten des Gelingens, die Menschen einfach verstehen.
Welche weiteren Projekte beschäftigen right° im Moment?
Aktuell sind wir auf Hochtouren dabei, eine neue Software fertigzustellen, mit der unsere Kunden ihre 1,5°C-Roadmap schnell und prüfbar ausweisen können. Kern der Software ist die automatische Berechnung des 1,5°C-Emissionsbudgets eines Unternehmens, das als robuste Ausgangsbasis für umsetzbare Klimaziele und -strategien dient.
Außerdem arbeiten wir intensiv mit unseren Beratungspartnern aus unserem Programm XDC Direct Access daran, unsere Software in das Lösungsportfolio der Beratungshäuser zu integrieren. Die Nachfrage nach softwarebasierter Beratung ist hoch, weil die Nutzung von Software die Personentage der Beratungshäuser deutlich effizienter macht.
Und nicht zuletzt sind wir bereits jetzt schon mit dem whatif-Report 2025 beschäftigt, indem wir zum Beispiel die Aufsichtsräte der MDAX-Unternehmen zu einem vorbereitenden Round Table oder die SDAX-Unternehmen zu einem Workshop zur CSRD einladen.
Zur Person:
Hannah Helmke hat Psychologie und International Business studiert und beschäftigt sich seit elf Jahren mit wissenschaftsbasierten Klimametriken. Zusammen mit ihrem Partner Dr. Sebastian Müller hat sie 2016 das ClimateTech-Unternehmen right° gegründet. Unter der Führung von Hannah Helmke hat right° zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter auch den Next Economy Award. Hannah Helmke selbst wurde vom Handelsblatt als eine der wichtigsten Unternehmerinnen Deutschlands sowie unter den Personen des Jahres im Jahr 2022 gelistet.
Fotos © right°