Mentoring-Programm im Aufwind
Volles Haus bei „Boozt your Business meets Ökosystem FrankfurtRheinMain“: Rund 85 Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich bei Programm-Partner und Wirtschaftsinitiative-Mitglied Momentum im 16. Stock des TurmCenters zum intensiven Austausch. Fünf Alumni berichteten, wie sie nach dem Mentoring große Corporates als Kunden gewinnen konnten, eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne umsetzten, ihre Kennzahlen verzehnfachten oder jetzt den Sprung in die USA wagen. Ein hochkarätig besetztes Investoren-Panel gewährte einen seltenen Blick hinter die Kulissen der Early-Stage-Finanzierung und hatte einen speziellen Tipp für Startups auf Lager: „Grillt Eure Investoren.“ Einig waren sich die Speaker, dass das Ökosystem der Region im aktuell herausfordernden Klima eine entscheidende Stärke zeigt. „Die Startup-Szene in FrankfurtRheinMain hat im Vergleich viel Zug zur Profitabilität.“
Während Corona war das Startup-Mentoring-Programm, das die Wirtschaftsinitiative gemeinsam mit den Mitgliedern Zühlke, STATION und Momentum ausrichtet, weitestgehend digital an den Start gegangen. Das ist zum Glück Schnee von gestern. Doch ein großes Community-Event, das sich um die Needs von Early-Stage-Startups mit Tech-Schwerpunkt drehte, fehlte noch. Und war offenbar sehr notwendig, wie der große Zulauf zu „Boozt your Business meets Ökosystem FrankfurtRheinMain“ deutlich machte. Nicht nur ehemalige Mentees und Mentoren waren gekommen, sondern auch neue vielversprechende Startups, erfahrene Investoren und Business Angels sowie Vertreterinnen und Vertreter von Corporates aus der Region.
Der andere Blickwinkel
Nachdem zahlreiche Boozt your Business-Alumni sich und ihr Geschäftsmodell in der Runde kurz vorgestellt hatten, gingen drei davon mit Zühlke-Consultant und Mentor Mirko Lorenz auf dem Podium ins Gespräch. Herzstück und regionales Alleinstellungsmerkmal des Mentoring-Programms ist ja der konkrete technische Support durch Expertinnen und Experten des Innovationsdienstleisters Zühlke. Die zentralen Fragegestellungen im Panel lauteten daher: „Wie hat Euch das Mentoring geholfen? Und wie geht es Euch heute?“
Christian Löw, der mit seinem Startup Adam digitale Finanz- und Controlling-Services für KMU anbietet, beschrieb, wie überzeugt er von dem Mentoring-Ansatz ist: „Es ging immer um Lösungen. Was besprochen wurde, haben wir auch wirklich umgesetzt. Seit wir Teil des Programms waren, haben wir unsere Kennzahlen verzehnfacht und jetzt sogar einen der Big Four-Wirtschaftsprüfer als Kunden gewinnen können.“ Auch Tim Meggert, Mitgründer von streamboost, sah das ähnlich. „Macht unsere technische Vision überhaupt Sinn? Ist das richtig, was wir hier tun? Die Boozt your Business-Mentoren brachten den so wichtigen 'anderen' Blickwinkel ein.“ Die Full-Service-Werbeplattform für Ads in Live-Streams ist inzwischen sehr erfolgreich und wagt jetzt sogar den Schritt in die USA als größtem Werbemarkt der Welt.
Angelika Birk, Co-Founderin des Marktplatzes für Team-Building mit dem Namen dreamteam, konstatierte, „wir würden das Mentoring-Programm am liebsten jetzt nochmal machen – für Fortgeschrittene“. Gleichzeitig monierte sie, dass FrankfurtRheinMain noch immer nicht das Mekka für Startups sei. Es fehle sehr auf der Finanzierungsseite, aber auch an Netzwerken und am Zugang zu Corporates, obwohl Frankfurt prädestiniert sei für das B2B-Geschäft. Und Christian Löw ergänzte: „Es braucht fürs Matchmaking mehr Programme wie Boozt your Business.“ Schließlich habe die Startup-Szene hier im Vergleich viel Zug zur Profitabilität
Wie Investoren ticken – und was sie Startups raten
Dank dieser Steilvorlage fiel die Überleitung zum Investoren-Panel denkbar leicht. Philipp Weber, Gastgeber, Rechtsanwalt und Partner Mergers & Acquisitions (M&A) / Private Equity (PE) / Venture Capital (VC) bei der Kanzlei Momentum, führte durch die Diskussion. Mit Jörg Prüßmeier von Cygnet Ventures, Martina Pfeifer von Whistler, David Schäffler von der BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen und Christian Stiebner von KfW Capital war es gelungen, vier der erfahrensten Senior-Manager für Early-Stage-Investments der Region zusammenzuholen, wenngleich sie unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen arbeiten. Ein Ziel der Runde: die anwesenden Startups mit waschechten Investoren-Tipps versorgen.
„Die Stärke unseres Ökosystems ist es in der Tat, auf Profitabilität zu schauen. Das war jahrelang in der Szene kein Thema. Doch jetzt heißt es für Startups: Behaltet Eure Profitabilität und Liquidität im Blick. Im rezessiven Umfeld wird dieser Trend noch eine Weile bleiben“, unterstrich Jörg Prüßmeier. Sein Rat an Startups: „In der VC-Welt gibt es auch viel Schall und Rauch. Achtet vor allem am Anfang darauf, eine Business Angel-Beimischung zu haben.“ Christian Stiebner, der mit KfW Capital zu den Geldgebern hinter den VCs gehört, sieht, dass Exits derzeit schwierig sind und Rückflüsse bei Investoren stagnieren. Das erschwere Neuinvestitionen. „Ja, die Marktlage hat sich eingetrübt. Aber diese Korrektur war wichtig und so steigt die Gründerqualität. In den Downcycles werden die besten Startups und Unicorns gegründet“, ist er überzeugt. Seine Empfehlung an Gründer: „Lasst Euch nicht nur grillen. Grillt auch Eure Investoren und bringt sie zu einer Entscheidung.“ Jörg Prüßmeier schließt: „Investoren müssen gechallengt werden. Die Chemie mit Euren Shareholdern muss stimmen.“
Der Weg zum Kunden: Von Crowdfunding bis zur Akquise von Big Shots
Julian Wiebke von Inflabi berichtete im anschließenden Interview mit STATION-Geschäftsführerin Carolin Wagner, wie der Hersteller von aufblasbaren Fahrrad- und Sicherheitshelmen im Dezember erfolgreich eine Crowdfunding-Kampagne stemmte und so eine Menge Vorverkäufe realisieren konnte. Seine Learnings: „Nummer eins: die Timings des Produkts stärker beachten. Wir haben ein Sommerprodukt im Winter angeboten. Nummer zwei: genügend Zeit einplanen. Wir hatten sechs Wochen, das Minimum an Vorbereitungszeit sehe ich aber bei drei Monaten. Nummer drei: das Augenmerk auf ein gutes, professionelles Kampagnenvideo legen. Hatten wir. Und last but not least: Aktiviert vorher das Netzwerk und geht mit einer Kundenliste an sicheren Abnehmern in die Aktion.“
Zum Abschluss erzählte Johannes Daxenberger, Mitgründer der KI-basierten Consumer Intelligence-Plattform summetix, wie das Startup es geschafft hat, große global agierende Corporates als Kunden an Land zu ziehen – darunter einer der innovativsten Autobauer und einer der größten Konsumgüterhersteller. Das gelang in einem Mix aus Inbound-Kontakten via Social Media sowie durch klassische, eher regional orientierte Sales-Aktivitäten. Seine Take-Aways: „Wie komme ich nach erfolgreicher Akquise ins eigentliche Geschäft mit den Unternehmen? Eine wichtige Rolle spielt da das Procurement. Die Botschaft: Technical Due Diligence macht viel Arbeit, aber ist kein Show Stopper. Bei Abhängigkeiten von Dritten, zum Beispiel im Bereich Datenzulieferung, würde ich künftig eine vertragliche Rückversicherung einbauen. Und: Aktive Supporter auf der Corporate-Seite sind extrem hilfreich. Wir haben durch unsere Kunden quasi eine kostenlose Produktweiterentwicklung erhalten und sie waren auch zu zahlreichen Referenz-Calls bereit.“
Batch 7 beginnt im Juni
Was steht bei Boozt your Business jetzt auf dem Programm? Im Mai / Juni geht es in eine neue Programm-Runde. Bewerbungsschluss für alle interessierten Early-Stage-Tech-Startups ist der 31. Mai 2024.