Events 02.12.2024

6. FRANKFURT FUTURE TALKS: Startups, Scaleups – what’s up?

Wie FrankfurtRheinMain vom Finanzplatz zum Finanzierungsplatz wird

Junge Unternehmen brauchen ein Umfeld, das ihnen gute Vernetzungsmöglichkeiten, eine vitale Förderkulisse und ausreichend Wagnis- und Wachstumskapital bietet. FrankfurtRheinMain ist dabei nur Mittelmaß – und das, obwohl die Region als Heimat zahlreicher Top-Unternehmen, renommierter Hochschulstandort, führender Finanzplatz, internationales Messezentrum und größter Internetknoten Europas beste Voraussetzungen mitbringt. Woran liegt's? Was ist da los bei Startups und Scaleups? Genau hier hakten die 6. FRANKFURT FUTURE TALKS nach. Das Partnerformat, das die Wirtschaftsinitiative mit den Mitgliedern COPETRI und F.A.Z. ausrichtet, hatte wieder ein Panel mit Durchblick zusammengeholt: eine erfolgreiche Gründerin, eine Super-Netzwerkerin und zwei Investment-Experten. Die wichtigsten Take-Aways: Es braucht mehr Erfolgsbeispiele, eine frühzeitige Förderung des unternehmerischen Mindsets, eine stärkere Kräftebündelung und den FrankfurtRheinMain-Vibe!

Unten glitzerte vorweihnachtlich die Stadt, oben im Tower 185 ging es bei den FRANKFURT FUTURE TALKS zur Sache: Dr. Bernd Roese, Standortleiter Frankfurt von Wirtschaftsinitiative-Mitglied PwC, hatte mit seinem Team dafür eigens den 34. Stock geöffnet – Fernblick inklusive. Daniel Schleidt, F.A.Z.-Ressortleiter Wirtschaft in Rhein-Main, begrüßte auf dem Panel vier Köpfe, die in Sachen regionale Startup-Szene ziemlich nah dran oder tief drin sind: Carolin Wagner, als Co-Founderin und Managing Director der regionalen Startup-Plattform STATION eine der besten Kennerinnen des Ökosystems. Magdalena Pusch, Co-Founderin und Chief Marketing Officer des erfolgreichen AdTech-Unternehmens FRAMEN – 2018 in Frankfurt gegründet, mittlerweile in Berlin ansässig und mehrheitlich von Axel Springer übernommen. Stefan Maas, Gründer und Geschäftsführer des Pitch Clubs, der regionale Startups und Investoren zusammenbringt. Und: Serge Reh, Senior Manger Corporate Venture Capital & Innovation bei PwC.

Dem Vibe auf der Spur

Der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Krisenstimmung zum Trotz befand Carolin Wagner zum Einstieg in die Diskussion: „Das deutsche Startup-Ökosystem ist im Aufbruch und Aufschwung.“ Auch FrankfurtRheinMain sei in Bewegung. Als ein Beispiel nannte sie hier den Startup- und Innovations-Campus Futury Factory, der mit starker universitärer Einbindung sowie Förderung des Bundes am Bertramshof in Frankfurt entstehen soll. „Vieles tut sich, es gibt zahlreiche neue Player – und eine Menge Aufholbedarf.“ Die Region habe es in der Vergangenheit versäumt, einen eigenen „FrankfurtRheinMain-Vibe“ zu schaffen, so Wagner. „Wir müssen die Kräfte bündeln und schauen, dass wir privates Kapital aktivieren. Denn: FrankfurtRheinMain sollte nicht nur Finanzplatz, sondern auch Finanzierungsplatz sein.“

Serge Reh war am Abend der „Go-to-Guy“ für die Zahlen. 60 Prozent der Startups in Deutschland bezeichneten ihr Ökosystem als gut oder sehr gut, in FrankfurtRheinMain sei das nur ein Drittel, zitierte er den von PwC herausgegebenen Startup Monitor 2023. Ein Hauptkritikpunkt der Startups in unserer Region: der schwierige Zugang zu Kapital. „In den USA beträgt das Investment in Venture Capital 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, in Deutschland 0,25 Prozent. Risikoaversität ist ein Kulturthema, das uns stark betrifft, aber das wir nicht alleine in FrankfurtRheinMain lösen können“, ergänzte Reh. Vielleicht könne die aktuelle wirtschaftlich schwierige Zeit hier sogar zuträglich sein? Im Rahmen einer weltweiten PwC-Befragung unter CEOs erwarteten 50 Prozent, ihr Unternehmen werde in zehn Jahren nicht mehr in der Form existieren wie heute. „Unternehmen müssen jetzt viele Probleme lösen und Effizienzen heben. Da können Startups mit ihren innovativen Ideen oft etwas bieten.“ Venture Clienting sei hier ein guter Ansatz, also das Engagement eines etablierten Großunternehmens als Kunde.

Scheue Rehe und kleine Brötchen

„Es gibt derzeit einen hohen makroökonomischen Druck und das Geld sitzt nicht mehr so locker. Kapital ist ein scheues Reh. Aber es muss auch nicht immer externes Geld sein, Gründer sollten mach kapitaleffizienten Wegen schauen“, unterstrich Stefan Maas. Gründen bedeute viel harte Arbeit, Fleiß und Disziplin. Damit junge Menschen sich das zutrauten, brauche es unbedingt mehr Vorbilder und Beispiele erfolgreicher Startup-Gründungen. „Und eine Förderung des unternehmerischen Mindsets schon in der Schule.“

Magdalena Pusch konnte natürlich einen ganz besonderen Blick hinter die Kulissen der Startup- und Scaleup-Welt gewähren. „Gründen ist in der Tat kein Zuckerschlecken. Wir haben uns am Anfang via Bootstrapping finanziert, sind mit Crowdfunding gestartet. Man kann auch erstmal kleine Brötchen backen, Umsatz generieren und später größer expandieren. Es gibt diesen Spruch: Unter Druck entstehen Diamanten, aber zu viel Druck sollten sich Gründer auch nicht machen.“ Wichtig sei vor allem, mit Ernsthaftigkeit an die Sache heranzugehen. „Unser Credo lautet: Growing global, going local.“ Heute hängen die digitalen Werbe-Screens von FRAMEN in Coworking Spaces, Fitnessstudios, Hotels, Tankstellen, Flughäfen, Supermärkten, Einkaufszentren, Restaurants etc. in 23 Ländern. Das Unternehmen beschäftigt ca. 100 Mitarbeitende.

Tipps für Gründerinnen und Gründer

Natürlich hatten auch die rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch die Gelegenheit, ihre Fragen an den Mann oder die Frau zu bringen. Dafür mussten Sie nur einen zugeworfenen Chat-Würfel fangen oder sich ihren Punkt für das anschließende Networking merken. Zuvor wollte Daniel Schleidt aber noch wissen, welche Tipps das Panel Startups mit auf den Weg geben würde. „Versucht, möglichst viel Wissen über Euren Markt zu generieren. Habt nicht zu viele Hypothesen, sondern konzentriert Euch auf Euer Kernthema. Und: Verkauft so schnell wie möglich Euer Produkt“, so Magdalena Pusch. „Network is key“, betonte dagegen Carolin Wagner. „Baut Euch gezielt ein Netzwerk auf, seid dabei wählerisch und tauscht Euch auf Augenhöhe mit anderen Startups aus.“ Serge Reh appellierte derweil an Mut und Optimismus: „Die großen Startups werden in ökonomisch schweren Zeiten gegründet.“ Stefan Maas mahnte zu guter Letzt, sich auf die Qualität des Problems zu konzentrieren. „Danach kommt die romantische Gründerstory.“ Auch sei die Team-Konstellation besonders wichtig – wie in einer Ehe. „Und schaut Euch die Patente an.“ Bei der Kommerzialisierung von Patenten gebe es in Deutschland und FrankfurtRheinMain noch eine Menge Luft.

Das Partnerformat von COPETRI, F.A.Z. und Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain verbindet die Themenbereiche People, Transformation und Innovation – immer mit dem so wichtigen Twist in Richtung Zukunft und Lösungsorientierung. Und das kommt in der regionalen Business-Community an. Themen bei den FRANKFURT FUTURE TALKS waren unter anderem bereits Künstliche Intelligenz, New Work, Ambidextrie oder Female Leadership.

Fotos: Photoharmonies / Andy Nikolov

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