Der lange Weg zu mehr Frauen in Führung
Woran liegt es, dass Frauen noch immer zu wenig in den Führungsetagen zu finden sind? Und was lässt sich dagegen tun? Das fragte Daniel Schleidt, F.A.Z.-Ressortleiter Wirtschaft in Rhein-Main, als Moderator der 4. FRANKFURT FUTURE TALKS. Input gaben hier drei beeindruckende Frauen, die viel zu sagen hatten: Ilka Friese, Geschäftsführerin Finanzen / Controlling bei DB Systel und Gastgeberin des Abends, Prof. Dr. Christine Laudenbach, Abteilungsleiterin „Household Finance“ am Leibniz-Institut SAFE, und Simone Zilgen, Geschäftsführerin HR Aramark Deutschland / VP HR Continental Europe. Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren dafür in den 31. Stock des Frankfurter Silberturms, Headquarter von DB Systel, gekommen. Konkret ging es bei der Partnerveranstaltung von COPETRI, Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain und F.A.Z. um: Wachstumschancen und Unternehmenskultur, Stereotype und Role Models, (Frauen-)Netzwerke und heterogene Teams, das Gender Pay Gap – und den „No Club“.
Der Andrang war groß und sorgte dafür, dass sich bereits zwei Wochen vorher eine lange Warteliste füllte. Ein Zeichen dafür, dass die FRANKFURT FUTURE TALKS wieder einmal den Nerv der Zeit getroffen hatten. Das Format verbindet die Themenbereiche People, Transformation und Innovation – immer mit dem so wichtigen Twist in Richtung Zukunft und Lösungsorientierung. Gerade beim Thema Female Leadership wird es angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels mehr und mehr zum Erfolgsfaktor für Gesellschaften (und insbesondere für Metropolregionen), ob und wie sie gut ausgebildete Frauen in Führungspositionen bringen und halten.
„Kennt jemand die Heinze-Frauen?“, fragte Daniel Schleidt zum Einstieg. Als „Heinze-Frauen“ haben sich 29 Beschäftigte des Gelsenkirchener Foto-Unternehmens Heinze einen Namen gemacht, die 1981 vor dem Bundesarbeitsgericht die gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen einklagten. Der Fall erregte bundesweites Aufsehen, löste eine Flut von Folgeprozessen aus und gilt damit als wegweisend für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Berufsleben. Der Blick auf die Zahlen zeigt: Auch über 40 Jahre später verdienen Frauen immer noch 18 Prozent weniger, in Führungspositionen sogar 25 Prozent weniger.
Warum diverse Teams Unternehmen erfolgreicher machen
Rund 30 Prozent der Führungspositionen des Catering- und Servicemanagement-Dienstleisters Aramark sind von Frauen besetzt. „Nach oben dünnt es sich aber aus, im Top-Management liegen wir nur bei zehn Prozent“, so Simone Zilgen. Woran liegt das? „Ich sehe hier mehrere Gründe“, sagte sie zum Start der Paneldiskussion. Diese seien zum einen gesellschaftlich bedingt und etwa in einer nach wie vor nicht gleichgewichteten Aufgaben- und Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen zu finden – anders als in Skandinavien, wo Zilgen zuletzt mehrere Jahre gearbeitet hat. Zum anderen gäbe es in Unternehmen noch immer Vorurteile und unternehmenskulturelle Hemmnisse. Und: Manchen Frauen stehe der Mangel an persönlichen Ambitionen im Weg.
Ilka Friese knüpfte hier an und bestätigte, dass man viele Frauen erst zu einer Führungsrolle überreden müsse. „Männer wie Frauen müssen hier mehr Sensibilität für Kommunikation haben, sich die individuellen Sorgen anhören und Lösungen schaffen.“ Bei der Deutschen Bahn, dem Mutterkonzern des Digitalpartners DB Systel, liegt der Anteil von Frauen in Führung insgesamt bei knapp unter 30 Prozent und damit auf Kurs zur Zielerreichung von 30 Prozent bis 2024. Anschließend soll ein Anteil von 40 Prozent angepeilt werden. Im Konzernvorstand sind drei der acht Top-Manager weiblich, die vierköpfige Geschäftsführung von DB Systel ist sogar paritätisch besetzt.
Prof. Dr. Christine Laudenbach hakte hier ein und machte auf die zahlreichen nach wie vor existierenden Stereotype aufmerksam – à la „Frauen sind schlecht in Mathe“. „Viele Dinge entstehen unbewusst. Wir müssen hier schon bei Kindern so früh wie möglich aktiv ansetzen. Und wir brauchen noch viel mehr Role Models“, erläuterte sie und illustrierte dies mit einem schönen Gegenbeispiel. So sei für ihren kleinen Sohn, der nur Angela Merkel als Kanzlerin kannte, völlig selbstverständlich gewesen, dass diese Position auch nach der Wahl wieder von einer Frau besetzt werden müsse.
„Man sitzt als weibliche Führungskraft schon sehr auf dem Präsentierteller“, berichtete Ilka Friese aus ihren eigenen Erfahrungen, die sie in verschiedenen internationalen Konzernen gesammelt hat. Es koste Frauen immer wieder viel Energie, sich in männerdominierten Runden zu behaupten. Daher ist sie überzeugt: „Heterogene Teams sind erfolgreicher. Das kann man auch messen, das ist EBIT-wirksam. Wir müssen dahin kommen, dass es nicht mehr notwendig ist, darüber zu reden.“ Dem pflichteten die anderen beiden Panelistinnen bei. Auch wenn gemischte Teams mitunter komplizierter und unbequemer seien, könnten sie viel voneinander lernen.
Zwischen „Everybody’s Darling“ und „No Club“
Was hilft denn nun auf dem Weg zum diversen Führungsteam? Konsequente Führungskräfteprogramme und -trainings, die Männer und Frauen adressieren und ganz oben anfangen, waren sich die drei Speakerinnen einig. „Das ist ein Top-Management-Thema, nicht nur ein HR-Thema“, so Ilka Friese. Ebenso wichtig: Netzwerke. Während Simone Zilgen für gemischte Netzwerke plädiert, sah Ilka Friese noch eine verstärkte Notwendigkeit für Frauennetzwerke. „Damit Frauen sich auch mal in einem vertrauten Rahmen austauschen können. Frauen müssen lernen, Frauen zu unterstützen.“
Typisch FRANKFURT FUTURE TALKS ging es anschließend in eine lebhafte Diskussion im Plenum. Doch zuvor fragte Daniel Schleidt noch nach den „ultimativen Empfehlungen“ für Frauen, die führen wollen. Sich durchbeißen, dranbleiben, veränderungsbereit sein und auch mal Angst aushalten, lauteten die Tipps von Simone Zilgen. „Sei mutig, verlasse Deine Komfortzone, vertrete Deine Meinung, suche Dir Verbündete, versuche nicht, Everybody’s Darling zu sein“, gab Ilka Friese anderen Frauen mit auf den Weg. Ein gutes Beispiel sei hier das Thema Gender Pay Gap: „Frauen, die nach dem Gehaltsunterschied fragen, machen sich oft per se unbeliebt.“ Prof. Dr. Christine Laudenbach riet, den eigenen Weg zu suchen und sich dabei mit Personen zu verbinden, mit denen man gemeinsam reflektieren könne. Und: dem „No Club“ beitreten. Heißt: Das Neinsagen üben. „Denn Sachen, die niemand machen möchte, werde überproportional von Frauen erledigt.“