Mitglied candylabs: Fünf Fragen an Moritz Heimsch
„Es braucht mehr unternehmerische Perspektive auf die digitale Wertschöpfung“
Alle Unternehmen in Deutschland sind heute in irgendeiner Form digitalisiert – doch ihre digitale Reife steht auf einem anderen Blatt. Das sagt Moritz Heimsch von candylabs. Die Frankfurter Digitalberatung setzt bei ihren Kunden auf Klartext mit Blick auf die Nutzerbedürfnisse, den Business Case und die Werte, die sich mit einer digitalen Innovation schaffen lassen. Ein Digital Audit verspricht hier die notwendige Transparenz. Wie das funktioniert und warum das Ganze am besten „minimalinvasiv“ ablaufen sollte, erläutert der Geschäftsführer unseres Mitglieds im Gespräch.
candylabs ist seit nunmehr fünf Jahren Wirtschaftsinitiative-Mitglied. Was gibt’s Neues bei Euch? Und bei Euren Kunden?
Wir sind ja bekannt dafür, digitale Ideen nicht einfach stumpf umzusetzen, sondern unsere Kunden immer auch kritisch zu hinterfragen. Genau diesen Fokus haben wir zuletzt nochmal verstärkt und über unser Digital Audit auch in ein strukturiertes Produkt gegossen. Unser Audit ist eigentlich die logische Konsequenz aus unserem langjährigen Ansatz, jedes digitale Produkt holistisch, im Prinzip wie ein Startup, zu behandeln.
Insbesondere durch die krisenreichen letzten Monate und Jahre hat der Fokus auf den Mehrwert für Nutzer und Absender wieder enorm an Bedeutung gewonnen. Offen gesprochen hat der gelieferte Mehrwert immer schon über Erfolg und Misserfolg eines Ansatzes entschieden, wir merken allerdings gerade eine Veränderung in der Sensibilität unserer Kunden für das Thema. Etwas ketzerisch sage ich gerne: Digitaler Wert entsteht eben nicht dadurch, dass man bunte Zettel an die Wand klebt. Dieses Bewusstsein ist mittlerweile auch im Markt angekommen. Innovationsbudgets sitzen insgesamt nicht mehr so locker, denn viele Unternehmen haben zuletzt schmerzhaft gelernt, wie weniger zielgerichtete digitale Transformationsansätze oft den falschen Fokus setzen und in erster Linie viel Geld verbrennen. In einem so ambivalenten Marktumfeld wie heute ist es daher besonders wichtig, über die eigene digitale Wertschöpfung den Überblick zu behalten, wertbringende Initiativen auszubauen und potenzialschwache Ansätze aufzugeben.
Genau diese Transparenz stellen wir mit dem Digital Audit her, um anschließend gemeinsam und partnerschaftlich mit unseren Kunden zuverlässig digitale Werte zu schaffen.
Wie steht es um die digitale Reife mittelständischer Unternehmen?
Wir sind davon überzeugt, dass es in Deutschland kein Unternehmen mehr gibt, das nicht mindestens zu einem gewissen Teil digitalisiert ist. Gleichzeitig sagt das nach unserer Definition noch nichts über die tatsächliche digitale Reife aus. Es geht schließlich nicht darum, digitale Lösungen zum Selbstzweck anzubieten, sondern über Vernetzung und Automatisierung mehr Effizienz, Sicherheit, Reichweite etc. zu erreichen, als es mit einem manuellen Prozess möglich wäre.
Wir sehen leider noch sehr häufig, dass digitale Themen in Organisationsstrukturen nicht ausreichend zentral aufgehängt sind, um aus holistischer und unternehmerischer Perspektive gedacht zu werden. Dadurch entstehen einseitige Ansätze, die am Markt vorbei entwickelt werden oder schlichtweg kein relevanter Business Case für das Unternehmen sind. Die Ursache liegt oft in gewachsenen Strukturen, die der erfolgreichen Transformation ungewollt im Weg stehen.
Die gute Nachricht ist, dass sich dieser Knoten durch Transparenz und einen fokussierten Innovationsprozess lösen lässt. Wir nehmen auch vermehrt wahr, dass diese Erkenntnis insbesondere im Mittelstand angekommen ist und zunehmend die Bereitschaft entsteht, zielgerichtet zu investieren, um digitale Werte zu heben.
Warum ist jetzt ein guter Zeitpunkt für ein Digital Audit?
In den letzten zehn Jahren wurden unzählige digitale Initiativen gestartet. Insbesondere zwischen 2015 und 2020 sind in vielen Unternehmen digitale Labs und Kooperationen mit innovativen Startups entstanden. Die Zielsetzung dieser Initiativen war in sehr vielen Fällen genauso diffus wie ambitioniert. Oft sind trotzdem auch potenzialreiche Ansätze entstanden. In den Corona-Jahren 2020 bis 2022 wurden viele dieser innovativen Initiativen depriorisiert und durch taktische Maßnahmen zum Erhalt der Kernprozesse ersetzt. Das war im Wesentlichen auch gut so, hat allerdings prozessuale Spuren hinterlassen. Viele der gestarteten Initiativen konnten ihr Potenzial noch nicht entfalten. Und viele Ansätze kosten bis heute Geld, ohne relevant Wert zu schöpfen. Die flächendeckende Einführung von mobilen Arbeitsplätzen hat zusätzlich neue Möglichkeiten geschaffen, die vor 2020 noch undenkbar gewesen wären.
All das führt aktuell in vielen Fällen zu einer kritischen Intransparenz über die digitale Wertschöpfung. Ein Digital Audit stellt genau diese Transparenz wieder her und ermöglicht langfristige Vergleichbarkeit. Unser nahtlos anschließender „Designed for Success“-Ansatz sorgt zudem für die zuverlässig zielgerichtete Verteilung von Innovationsbudgets. Ineffizienten Kapitaleinsatz können und sollten sich schließlich nur noch die wenigsten leisten.
Digital Audit – das hört sich nach einer großen Sache an, oder nicht? Was versteht candylabs konkret darunter? Wie läuft es ab?
Ein Digital Audit ist ein pragmatischer Prozess zur strukturierten Identifikation digitaler Potenziale. Im Rahmen des Audits analysieren wir, wo und mit welchen digitalen Systemen im Unternehmen Wert geschaffen wird, wo Ineffizienzen bestehen und welche Potenziale noch ungenutzt sind. Im Ergebnis erhält der Kunde ein Scoring zur digitalen Reife der betrachteten Unternehmensbereiche, eine sogenannte „Digital Map“. Sie bildet die digitale Vernetzung der unterschiedlichen Unternehmensbereiche ab und gibt einen Überblick über relevante Markttrends, die zusätzliche Potenziale liefern. Aus der Unternehmensstrategie und den Audit-Ergebnissen leiten wir explizite Handlungsempfehlungen zur Optimierung der digitalen Wertschöpfung ab.
Das Audit selbst läuft in vier Schritten ab. Die Leitplanken werden mit der Geschäftsleitung definiert. Es folgen eine Analyse der vorhandenen Daten sowie Interviews mit operativen Stakeholdern. Dann werden die gesammelten Informationen interpretiert und visualisiert und davon schließlich die Handlungsempfehlungen abgeleitet. Wichtig ist dabei, dass wir das Audit „minimalinvasiv“ durchführen, damit möglichst wenig Aufwand auf Kundenseite entsteht.
Zum Schluss noch ein Blick hinter die Kulissen: Was sind die eindrücklichsten Erfahrungen, die Ihr bei Digital-Audit-Projekten gemacht habt?
Am meisten überrascht uns immer wieder, wie wenig selbstverständlich die wirtschaftliche Betrachtung innovativer Ansätze ist. Egal ob Top-down oder Bottom-up: Wir sehen nur sehr selten, dass Nutzerzentrierung und Business Case in der Umsetzung gleichermaßen relevant gewichtet werden. Ein Kunde aus dem Konzernumfeld meinte mal zu mir, wir seien die ersten, die in ihrem Fall diese Gleichbehandlung forcieren. Immer mal wieder begegnen wir sogar noch Ansätzen, die rein zum technologischen Selbstzweck – also ohne Ausrichtung an der Unternehmensstrategie oder einem Nutzerbedürfnis – realisiert sind. Die werden aber zum Glück immer mehr zur Ausnahmeerscheinung.
Zusammengefasst: Es braucht mehr unternehmerische Perspektive auf ein so zentrales Thema wie die digitale Wertschöpfung.
Zur Person:
Moritz Heimsch, Gründer und Geschäftsführer der candylabs GmbH, ist seit mehr als 15 Jahren im Bereich Digital Consulting in verschiedenen Konstellationen unternehmerisch tätig. Sein lokales und internationales Engagement, in einer Vielzahl von etablierten Strukturen, Neugründungen und Innovationsprojekten, liefert ihm ein breites Portfolio an Erfahrung in Strategie, Unternehmenskultur und operativer Exekution – von der Produktkonzeption über Wertschöpfungsprozesse bis hin zur Implementierung komplexer IT-Lösungen.
Die candylabs GmbH hat er gemeinsam mit Daniel Putsche im Jahr 2013 gegründet und verantwortet sie heute gemeinsam mit seinem Co-Geschäftsführer Dominik Seemann. Über einen holistischen Ansatz zur Entwicklung und Etablierung digitaler Wertschöpfung führt die candylabs ihre Kunden zum langfristigen digitalen Erfolg. Dabei ist eine eng integrierte und vertrauensvolle Zusammenarbeit genauso wichtig wie das pragmatische datengetriebene und nutzerzentrierte Vorgehen nach MVP-Prinzip.
Fotos © candylabs