Startups 12.05.2022

Boozt your Business: Startups mit Wow-Faktor in Runde vier

Mentoring-Programm zeigt Potenzial des Ökosystems FrankfurtRheinMain

Ein Gebärden-Daumenkino für Kinder mit Behinderung, eine KI-basierte Chatbot-Plattform, ein erdeloses Anbausystem für Urban und Vertical Farming, ein FinTech-Marktplatz zur Finanzierungsabwicklung bei Unternehmensübernahmen und ein Abo-Modell, das internationalen Qualitätsjournalismus zugänglich macht: Wow! Wie vielfältig die Startup-Szene in FrankfurtRheinMain ist und welche zukunftsweisenden Geschäftsideen hier entstehen, das stellt das Startup-Mentoring-Programm Boozt your Business aktuell wieder eindrucksvoll ins Schaufenster. Das von den Mitgliedern Zühlke, STATION und FPS gemeinsam mit der Wirtschaftsinitiative angebotene Startup-Mentoring-Programm gibt zweimal im Jahr jeweils fünf Jungunternehmen technische Starthilfe und Netzwerkunterstützung mit auf den Weg. Inzwischen ist Durchgang Nummer vier angelaufen. Doch zuvor mussten Mentees und Mentoren sich noch finden. Dafür stiegen Kompreno, Leverest, Melibo, Stadtgemüse und talking hands in den Pitch-Ring.

Endlich! Zum erst Mal konnte das Matchmaking-Meetup von Boozt your Business „live und in Farbe" stattfinden – und das bei bestem Mai-Wetter. Seit das Programm im Herbst 2020 zur Stärkung des regionalen Ökosystems gestartet ist, mussten Corona-bedingt fast alle Aktivitäten, sowohl Events als auch Mentoring-Sessions, digital stattfinden. Philipp Weber, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei FPS und Spezialist für Wachstumsunternehmen, begrüßte die rund 40 Gäste im obersten Stockwerk des FPS-Gebäudes. Über den Dächern Frankfurts und mit Blick in die Region stellte er gemeinsam mit den anderen Boozt your Business-Machern das Programm und seine Benefits vor. Anschließend hatten die Protagonisten der fünf Startups jeweils einen 5-minütigen Slot zur Verfügung, um ihre Geschäftsidee zu präsentieren, den Mentoring-Bedarf zu formulieren und die passenden Mentoren zu begeistern. Angesprochen waren hier insbesondere die Tech-, Software-, Business- und UX-Experten des Innovationsdienstleisters Zühlke, die den größten Teil des festgelegten Mentoring-Zeitbudgets bestreiten.

Wer sind die Fünf aus Durchgang vier?

Melibo: Das 17-köpfige Tech-Startup ist 2019 aus einem Familienunternehmen entstanden und hat zu Beginn insbesondere individuelle Chatbot-Projekte für den Kundensupport von Großunternehmen umgesetzt. Daraus entstand die Idee, eine Plattform aufzusetzen, mit der sich intelligente KI-Chatbots „customized" bauen lassen. Die Plattform ist bereits seit Februar live und bietet zahlreiche Features wie die Anbindung an andere Systeme, eine einfache Datenauswertung, über 100 Templates, zum Beispiel aus dem E-Commerce-Bereich, und einen Chatbot Styler. „Unsere Vision ist es, eine niedrige Eintrittsbarriere für eine solche KI-Lösung zu schaffen", so die Gründer. Im Fokus steht auch der sogenannte „Human Handover" – der Zeitpunkt, wenn die Künstliche Intelligenz eine Kundenanfrage nicht beantworten kann und ein menschlicher Service-Mitarbeiter übernehmen muss. Bei der Skalierung der Plattform benötigt Melibo jetzt Hilfe durch technisch versierte Mentoren. „Wir wünschen uns einen neutralen Blick auf die Plattform."

Leverest: Das junge FinTech hat eine skalierbare Software-as-a-Service-Plattform entwickelt, auf der Investoren die Übernahme von oder die Beteiligung an Unternehmen gemeinsam finanzieren und den gesamten, hochkomplexen Prozess – von der Angebotsauswahl unter Wettbewerbsbedingungen bis zum Vertragsabschluss – digital abbilden und arrangieren können. Ein plakatives Beispiel hatten die Gründer an Bord: „Wenn Elon Musk Twitter kauft, muss er die benötigte Milliardensumme für die Übernahme auch entsprechend organisieren." Theoretisch könnte er das auf einer Plattform wie Leverest tun, die kürzlich ein Funding von 1,3 Millionen Euro eingesammelt hat. „Wir sind bereit zu wachsen und wollen vorher unser Produkt nochmal auf den Prüfstand stellen." Im Mentoring soll es schwerpunktmäßig um UX / UI und Datensicherheit gehen, aber auch um die Verbesserung der internen Prozesse zwischen Business- und Tech-Bereich.

Kompreno: „Wir bieten ein Fenster nach Europa. Wir wollen, dass unsere Abonnenten internationalen Qualitätsjournalismus ohne Sprachgrenzen nutzen können", lautet das Versprechen der Gründer. Dafür trifft Kompreno exklusive Vereinbarungen mit Verlagen und nimmt sukzessive mehr und mehr Leuchtturmmedien aus europäischen Ländern in sein Angebot auf. Der Service steht als Web-App zur Verfügung, die Artikel werden nach Themeninteresse ausgewählt. Es sind auch Firmen-Abos möglich. Die Übersetzung erfolgt mit der Software DeepL, anschließend schlusslektoriert von menschlichen Übersetzern. Das Mentoring soll sich um Reichweitensteigerung, die technische Umsetzung in nativen Apps und das Zusammenspiel von Mensch und Maschine drehen.

Stadtgemüse: Die Weltbevölkerung wächst und wächst. Doch wovon sollen sich die ab 2067 mutmaßlich zehn Milliarden Menschen ernähren? Stadtgemüse entwickelt „das ressourcenschonendste und flexibelste hydroponische, sprich erdelose, Anbausystem für professionelle Gemüse- und Pflanzenerzeuger und aufstrebende Nischenmärkte". Hierzu zählen Aquaponik-Betreiber sowie Urban und Vertical Farms. Das System ist bereits zum Patent angemeldet. „Unsere Idee löst das Problem der Substrat-Müllentstehung der herkömmlichen Hydroponik Systeme, was besonders wichtig für die Anwendung im urbanen und vertikalen Anbau ist. Wir verwenden ein natürliches mineralisches Substrat, das gereinigt und wiederverwendet wird. Darüber hinaus reduziert unser System Entsorgungs-, Heizenergie- und Lohnkosten deutlich", führten die Gründer aus. Teil des Mentorings soll ein Investor Readiness Check, die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells sowie des Prototyps und die Digitalisierung via Messsensoren sein.

talking hands: Das Startup hat es sogar schon in das bekannte TV-Formt „Die Höhle der Löwen" geschafft und sucht jetzt Unterstützung bei Boozt your Business. „Wie schaffen wir es, Inklusion durch spielerische Elemente zu fördern, insbesondere Kindern mit Behinderung eine Lernunterstützung zu bieten und ihnen das Gefühl von Isolation zu nehmen?" Die Produkte von talking hands sind liebevoll gestaltete Daumenkinos für Gebärden. Denn manchen Menschen mit Behinderung hilft die Gebärdensprache dabei, zu kommunizieren. Je Gebärde steht ein Daumenkino zur Verfügung, aktuell für rund 120 verschiedene. Zahlreiche Kindergärten und Einrichtungen nutzen sie bereits. „Unsere Daumenkinos kommen sehr gut an, aber häufig haben wir als Feedback auch die Frage nach einer digitalen Version bekommen", so die Gründer. Hier soll das Mentoring ansetzen. Ziel ist es, die Daumenkinos in eine Mobile-App zu überführen und an der UX zu arbeiten.

Den Schlusspunkt der Pitch-Runde bildete denn auch ein besonderer, geräuschloser Applaus. Zuvor hatten die Teilnehmer die Gebärde dafür gelernt.

Nachdem sich die Mentees und Mentoren nun gesucht und gefunden haben, gehen die Teams in individuelle Sessions. Je Startup sind für das technische Mentoring durch die Zühlke-Kollegen achtmal zwei Stunden über einen Zeitraum von ca. drei Monaten vorgesehen. Add-on steht zudem das Mentoring-Modul „Boozt your Network" auf dem Plan, das die Wirtschaftsinitiative zusammen mit der Startup-Plattform STATION und der Wirtschaftssozietät FPS anbietet. Je nach Bedarf wird es auch Sessions zu Sonderthemen geben. So hatten sich die Mentees des vorherigen Programmdurchlaufs einen Workshop „PR für Startups" gewünscht, der Ende Mai stattfindet.

Das könnte Sie auch interessieren: