„Nur wenn sich etwas bewegt, entstehen Potenziale“
Gespräch mit Dr. Michael Kassner, dem „Mister FrankfurtRheinMain“ der Siemens AG, über die Entwicklungschancen der Metropolregion und den notwendigen Dialog zwischen Politik und Wirtschaft.
Herr Dr. Kassner, welche Perspektive hat ein international operierendes Unternehmen wie Siemens auf den Mikrokosmos Metropolregion – und auf FrankfurtRheinMain?
Wir sind quasi eine „Local Global Company“. In Rhein-Main fühlen wir uns sehr zu Hause, zumal Siemens hier ja zu den großen Industrieunternehmen gehört. Gerade für Metropolregionen haben wir in Zeiten der Urbanisierung mit unserem Portfolio enorm viel zu bieten – etwa in den Bereichen Verkehr, Logistik und Energie von der Stromerzeugung bis zur Gebäudetechnik, ebenso Lösungen für die urbane Industrie. Durch eine Vielzahl von Projekten in aller Welt entsteht und wächst bei Siemens ein großer „Wissenspool“. Die Quintessenz daraus lautet: Eine erfolgreiche Stadtund Industrieentwicklung kann ohne innovative, nachhaltige Infrastrukturentwicklung in der Metropolregion nicht gelingen.
Politik und Wirtschaft müssen beide zu dieser Entwicklung beitragen, finden aber oft nur schwer zueinander. Wie lassen sich tragfähige Brücken bauen?
Meine Überzeugung ist: Wir brauchen neue und innovative Dialogformen zwischen Politik und Wirtschaft! Und die konnten wir in Frankfurt kürzlich erfolgreich üben – im Rahmen der „Zukunftsinitiative Metropolregion-Infrastruktur“, für die ich mich auch persönlich stark eingesetzt habe. Ziel der ZMI war es, ganz unterschiedliche Unternehmen zusammenzubringen, die gemeinsam eine Art „360 Grad-Perspektive“ zum Thema nachhaltige Stadtentwicklung bieten können. Albert Speer & Partner, Continental, die Deutsche Bank, Mainova, Opel und Siemens waren mit an Bord. Gemeinsam mit der Stadt Frankfurt haben wir einen interdisziplinären Dialogprozess gestartet, der Business-Erfahrungen und städtische Expertise kombinierte. Auf sechs Monate limitiert, unternehmensund dezernatsübergreifend und in Form von Workshops.
Welche Erfahrungen haben Sie hier konkret gemacht?
Sehr gute und ermutigende Unternehmen und Stadt haben in den ZMI-Workshops viel vonund miteinander gelernt. Es ist ein Arbeitshandbuch mit konkreten Impulsen entstanden, die Frankfurt jetzt nach und nach operationalisieren kann. Allen Beteiligten machte ZMI darüber hinaus deutlich: Das „temporäre und themenbezogene Projekt“ ist eine konstruktive Arbeitsform für die Stadtund Regionalentwicklung. Übrigens kein Zufall, dass wir die „Metropolregion-Infrastruktur“ im Titel der ZMI verankert haben, obwohl „nur“ die Stadt Frankfurt beteiligt war. Dahinter steckte von Beginn an die Idee, das Konzept weiterzutragen und auf FrankfurtRheinMain zu übertragen. Eine Schlüsselrolle sehe ich hier bei der Wirtschaftsinitiative.
Sie sind – neben ZMI – persönlich in vielen weiteren Initiativen und Projekten aktiv. Warum dieses Engagement für die Region?
Als Unternehmen hat man eine Verp?ichtung, sich zu engagieren – als Person und Bürger aber auch. Durch meine beru?iche Tätigkeit kam mit den Jahren ein großer Erfahrungsund Wissensschatz zusammen. Durch meine vielfältigen Aktivitäten am Industrieplatz und in Verbänden entwickelte sich eine breite Vernetzung mit einem guten Überblick – auch über unsere Metropolregion hinaus. Zusammen wird daraus mein persönlicher Treibstoff. Nur wenn sich etwas bewegt, entstehen Potenziale und Chancen. Für die Metropolregion FrankfurtRheinMain und ihre Bewohner. Für Technologieunternehmen wie Siemens und deren Kunden.
Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie die Metropolregion FrankfurtRheinMain – sagen wir – in zehn Jahren?
Ich habe da eine klare Vision vor Augen: In fünf Jahren gibt es einen Gesamtplan zur Infrastrukturentwicklung, der die Felder Energie, Verkehr und Nachhaltigkeit integriert und vorausdenkt. In zehn Jahren ist FrankfurtRheinMain dann durch die Umsetzung von strategischen Projekten, die sich aus diesem Plan ableiten, optimal aufgestellt und wettbewerbsfähig. Das stärkt auch den Industrieplatz, denn bis dahin wird die „Smart Industry“ in den meisten Betrieben angekommen sein. Fakt ist: Um diese Vision umzusetzen, braucht es zwingend den kontinuierlichen Dialog. ZMI war dafür ein hervorragender Pilot. Die Wirtschaftsinitiative kann aus meiner Sicht die passende Dialogplattform bieten und solche zentralen Entwicklungsthemen künftig für die Metropolregion treiben.