Mitglieder 19.11.2018

Interview mit DIC Asset-Chefin Sonja Wärntges

„Wir fühlen uns als Corporate Citizen mit der Region verbunden“

Im Gespräch mit der Vorstandsvorsitzenden der DIC Asset AG Sonja Wärntges – über den heiß gelaufenen Immobilienmarkt, die Sogwirkung Frankfurts in Zeiten des Brexit und ihre Vorliebe für das lebendige Bahnhofsviertel.

Frau Wärntges, auf dem Immobilienmarkt ist derzeit eine Menge los. Welche Themen sind für DIC am wichtigsten? Oder vielmehr: besonders zukunftsrelevant?

Konjunkturboom, Niedrigzinsphase, Zuwanderung und Strukturveränderungen durch den bevorstehenden Brexit: All das sind Themen mit aktuell hoher Aufmerksamkeit, all das prägt den Immobilienmarkt. Manches davon steht beinahe täglich auf der Agenda von Politik und Medien, insbesondere Wohnungsmangel, Mietentwicklung und Mietpreisbremse. Zusätzlich gibt es auch die Sorge vor Überhitzung, spekulativen Blasen und der Gefahr von Rückschlägen.

DIC ist auf Gewerbeimmobilien konzentriert. Auch da überlagern sich derzeit mehrere Marktentwicklungen: Konjunkturell ist der Markt heiß gelaufen, mit teils sehr hohen Preisen, intensivem Wettbewerb und Angebotsengpässen. Vor allem einige internationale Kapitalanleger handeln eher portfoliogetrieben – das Anlage- oder auch Spekulationsmotiv steht da bisweilen stark im Vordergrund, immer wieder auch mit der Folge anschließenden Leerstands. Unsere Motivation ist völlig anders: Wir legen größten Wert auf Vertrautheit mit den jeweiligen lokalen Verhältnissen und auf nachhaltig rentable und verlässliche Engagements. Unsere Eigentümer, Anleger und Vertragspartner bei der Vermietung wissen das und schätzen uns dafür. Neben den konjunkturellen Herausforderungen gibt es im gewerblichen Bereich aber auch strukturell weitreichende Trends. Die haben letztlich sehr viel mit der Digitalisierung und den daraus resultierenden Veränderungen in der Arbeitswelt und im Kaufverhalten zu tun. Beides wirkt sich auf die Anforderungen an den Büro- und Logistikbereich aus und hat auch erheblichen Einfluss darauf, welche städtischen Infrastrukturen gebraucht werden.

Wie ist Ihr Unternehmen in diesem Kontext aufgestellt?

Unsere Strategie beruht auf mehreren Pfeilern, die sich in der Gliederung des Unternehmens widerspiegeln: Zum einen unsere Gewerbeimmobilien im eigenen Bestand, das ist unser sogenanntes „Commercial Portfolio". Dann unser Geschäftsbereich „Fonds", in dem wir Spezialfonds für institutionelle Investoren auflegen. Und zum dritten unser Geschäftsbereich „Other Investments", in dem wir das Asset- und Propertymanagement für Dritte, eine knapp 15-prozentige strategische Beteiligung an der TLG Immobilien AG sowie die nahezu abgeschlossene Projektentwicklung „MainTor" in Frankfurt gebündelt haben. Insgesamt ist diese Mehrsäulenstrategie ein verlässlicher Garant für kontinuierliche Ertragskraft und große Robustheit.

Welche „Leuchtturmprojekte" haben Sie aktuell im Portfolio?

Lassen Sie mich ein Beispiel aus Frankfurt nennen. Denn ein besonderes Projekt ist auf jeden Fall die Kaiserpassage hier im Bahnhofsviertel. Wir haben dieses Gebäude aus den 1960ern vor zehn Jahren in keinem besonders guten Zustand übernommen und uns zum Ziel gesetzt, es attraktiv zu machen und dabei zugleich den Charakter des Viertels zu wahren. Jetzt sind wir so gut wie am Ziel. Mercure-Hotel, Apartments für Kurzzeitmieter, Einzelhandel, Galerien, Gastronomie. Aus einem hässlichen Entlein ist eine gute und einladende Adresse geworden, die sich organisch einfügt und zugleich die Umgebung aufwertet. Auch betriebswirtschaftlich ist das eine Erfolgsgeschichte: Wir haben eine vollständige Auslastung und langjährige Mietverträge. In Summe ein Beispiel für die gelungene, nachhaltige Sanierung einer Bestandsimmobilie.

Sie selbst wohnen im Bahnhofsviertel – das dürfen wir hoffentlich verraten. Was schätzen Sie daran, dort zu leben?

Ich mag das Bahnhofsviertel wegen seiner Zentralität und seinem bunten Treiben. Es ist nicht weit zu unserem Firmensitz am MainTor und ich bin schnell am Bahnhof und Flughafen. Neben der praktischen Seite schätze ich aber auch das Flair und die Intensität. Dort herrscht 24/7 pralles Metropolenleben mit all seinen Facetten. Ich finde, das hat was.

„Lage, Lage, Lage" – so lautet das ewige Credo der Immobilienbranche. Wo steht der Immobilienmarkt in Frankfurt? Und: Wird schon genug in regionalen Kategorien gedacht?

Frankfurt ist sehr begehrt und der Immobilienmarkt entsprechend leergefegt. Das war schon ohne Brexit so, aber die Sogwirkung Frankfurts ist seit dem Brexit-Beschluss in Großbritannien noch einmal größer geworden. Entsprechend hoch sind der Druck auf den Wohnungs- und Büromarkt und die Erwartungen an die Infrastrukturentwicklung. Beides gilt nicht nur für das Stadtgebiet, sondern auch für das gesamte Umland.

Klar: Mancher internationale Investor mit wenig Landes- und Ortskenntnis schaut ausschließlich auf bekannte Adressen in der Innenstadt und entlang der S-Bahn zum Flughafen. Andere, auch wir, haben einen wesentlich weiteren Blick. Denn es kommt immer auf die spezifische Situation an. Außerdem verschiebt sich manches Anforderungsprofil. So gibt es durchaus auch die Tendenz zur Verlagerung von Arbeitsplätzen und begleitender Infrastruktur näher an Wohnorte im Umland. Und umgekehrt gibt es eine Tendenz zu mehr und kleineren innerstädtischen Logistikstützpunkten, weil zum Beispiel der Internet-Einkauf mehr Direktauslieferungen und eine entsprechende Verteilinfrastruktur nach sich zieht. DIC legt aus genau solchen Gründen sehr großen Wert auf die Verankerung in der Fläche und eine differenzierte Betrachtung von innerstädtischen und Umlandlagen. Investitionen muss man im Einzelfall betrachten. Sie können da und dort attraktiv sein.

Wo sehen Sie FrankfurtRheinMain im Wettbewerb mit anderen Metropolregionen?

Vergleiche sind lehrreich, doch letztlich ist jede Metropole anders. Da muss man nicht ständig nach London, New York oder Dublin gucken oder sich mit München, Hamburg oder Berlin messen. FrankfurtRheinMain hat herausragende Stärken, etwa eine vergleichsweise hohe Kompaktheit, eine exzellente Verkehrsinfrastruktur und eher kurze Pendlerwege aus dem Umland in die Stadt.

„FrankfurtRheinMain": Was verbinden Sie damit ganz persönlich?

Frankfurt hat ja den Ruf, kleinste Metropole Deutschlands zu sein. Und meines Erachtens ist da was dran. Von der reinen Einwohnerzahl her ist die Stadt nicht sehr groß. Aber in ihrer Vielfalt bietet sie ein außergewöhnliches Spektrum. Vor allem ist sie sehr international. Sie hat eine ganz charakteristische Lebensart und ein tolles kulturelles Angebot. Sie hat eine große etablierte Bürgerschaft, aber auch eine Vielfalt an Menschen aus allen möglichen Nationen. Das alles macht die Stadt zu einem echten Hotspot. Das liebe ich sehr. Und die Region insgesamt? Die ist lebens- und liebenswert. Und die hiesige Lebensart sowieso.

Wo wird die Metropolregion in 20 Jahren stehen – und wo DIC?

Gegenfrage: Wer hätte vor 20 Jahren den Brexit für das Jahr 2019 erwartet oder die Zuwanderungswelle und die Wiederzunahme der Geburtenraten? Über 20 Jahre sichere Prognosen abzugeben, ist auf unserem Feld ziemlich schwierig. Aber eines erscheint mir gewiss: Die Bedeutung von Metropolregionen wie FrankfurtRheinMain wird weiter zunehmen und die innerstädtische Verdichtung auch. Frankfurt tut gut daran, sich städtebaulich und bezüglich der Infrastruktur darauf einzustellen. Und für eine nachhaltige Immobilienwirtschaft mit attraktiven Investitions- und Anlagemöglichkeiten, wie sie elementarer Teil unseres Selbstverständnisses bei DIC ist, sehe ich ausgezeichnete Perspektiven.

Warum lohnt sich ein Engagement für FrankfurtRheinMain und in der Wirtschaftsinitiative für Sie?

Für mich sind zwei Gründe entscheidend. Als Vorstandsvorsitzende von DIC vertrete ich ein Unternehmen, das hier zu Hause ist und sich als Corporate Citizen mit der Region und ihrer Bevölkerung verbunden fühlt. Da ist es selbstverständlich, dass wir uns in das Leben der Metropole einbringen. Und zum zweiten ist es mir auch persönlich wichtig, über das eigene Unternehmen hinaus Engagement zu zeigen. Die Wirtschaftsinitiative ist dafür ein sehr passender Rahmen und eine ausgezeichnete Plattform.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Zur Person

Sonja Wärntges hat nach dem Studium zur Diplom-Ökonomin ihre berufliche Laufbahn als Prüferin bei Ernst & Young und PricewaterhouseCoopers (PwC) Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft begonnen. Danach war sie in Führungspositionen in den Finanzbereichen renommierter Unternehmen, wie GHH-RAND GmbH oder C&A, tätig. Vor ihrem Wechsel in den Vorstand der DIC Asset AG war sie zwei Jahre CFO im Vorstand der DIC Deutsche Immobilien Chancen AG & Co. KGaA. Seit dem 1.10.2017 leitet Sonja Wärntges die DIC Asset AG als Vorstandsvorsitzende und ist für die Bereiche Asset-, Property- und Portfoliomanagement, Finanzen, Controlling, IR und Administration verantwortlich. Sie ist eine von insgesamt nur vier Frauen in Deutschland, die den Vorstandsvorsitz eines börsennotierten Unternehmens innehat.

Fotos © DIC Asset AG

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