Events 19.04.2016

Lufthansa-CEO Carsten Spohr: „Sicherheit und Nachhaltigkeit haben die höchste Priorität“

Gastvortrag auf der Mitgliederversammlung der Wirtschaftsinitiative: So stellt sich die größte deutsche Airline zukunftsfähig auf

Die Lufthansa AG und ihr Vorstandsvorsitzender haben ein emotional bewegtes und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreiches Jahr hinter sich. Mit einem sehr offenen Vortrag bereicherte Carsten Spohr die jüngste Mitgliederversammlung der Wirtschaftsinitiative, bot einen Ritt durch die aktuellen Herausforderungen der Luftfahrtbranche und warf auch einen Blick auf den Luftfahrtstandort FrankfurtRheinMain.

Bereits im April 2015 hatte er sein Kommen zugesagt. „Wir wissen leider alle, warum ich im letzten Jahr nicht zu Ihnen sprechen konnte", begann Spohr seine Keynote. „Unsere erste Priorität ist die Sicherheit und die Verantwortung für unsere täglich rund 300.000 Passagiere." Die zweite Priorität sei die nachhaltige und zukunftsfähige Ausrichtungdes Lufthansa-Konzerns – in Hessen immerhin der größte Arbeitgeber.

Vom demografischen Wandel bis zur Digitalisierung

Doch wie schafft man es, die Lufthansa, die letztes Jahr 60 wurde, immer besser und vor allem fit für die zahlreichen Marktveränderungen zu machen?Dies beschrieb der Top-Manager anschaulich entlang dergrößtenglobalen Herausforderungen. Nummer eins: die Verlagerung der Weltwirtschaft und des Wachstums in Richtung Asien. „In zehn Jahren wird ein großer Teil der Mittelschicht im asiatisch-pazifischen Raum leben. Und dort werden dann auch die meisten Flüge stattfinden", so Spohr.„Flüge", das meint heute vor allemFlüge zu Privatreisen. Nur noch ein Viertel der Lufthansa-Flüge entfällt auf Geschäftsreisen. Hier mache sich laut Spohr auch der demografische Wandel bemerkbar. „Auf all diese Aspekte stellt sich die Lufthansa konsequent ein."

Die Digitalisierung, Megatrend unserer Zeit, treibt Spohr vor allem mit Blick auf das Konsumentenverhalten um.„Wir müssen die Schnittstelle zum Kunden erhalten und den gewonnen Datenschatz besser verwerten", führte er aus. Auf der flugzeugtechnischen Seite, etwabei derFunkübertragung von Wartungsdaten, sieht sich der Konzern dagegen digital bereits gut gerüstet.

Intensiver Wettbewerbsdruck

Die größte Herausforderung macht der CEO der Lufthansa Group im rasant steigenden Wettbewerbs- und Preisdruck aus. Kein Geheimnis: Finanzstarke Player etwa aus der Golfregion und aus Fernost mischen seit Jahren die Märkte „bis zur Wettbewerbsverzerrung" auf – oft mit starker staatlicher Unterstützung ausgestattet, während in Europa die Luftfahrt in den letzten zwei Dekaden vielerorts privatisiert wurde. Die sogenannten Billig-Airlines sorgen zudem für eine enorme Spreizung der Preise.Und der niedrige Ölpreis verlangsamtdie Konsolidierung des erhitzten Airline-Marktes. Anspruch der Lufthansa Group sei es, in jedem der Konzerngeschäftsfelder – Passagierverkehr, Logistik / Cargo, Technik, Catering – eine führende Rolle einzunehmen und diese zu halten. Doch der Platz an der Weltspitze ist hart umkämpft. In den Bereichen Technik und Catering hatdie Lufthansa nach wie vor klar die Nase vorn.

Luftverkehr braucht Rückenwind durch Politik

Natürlich sprach Spohr in diesem Zusammenhang auch ausführlich über die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen, denen die Luftfahrtbranche geradein Deutschland und FrankfurtRheinMainausgesetzt ist. Zu den Besonderheiten gehöre etwa die ineffiziente Organisation des europäischen Luftraums, die sieben bis zehn Prozent „Umwege" notwendig mache. Und natürlich das Nachtflugverbot am größten deutschen Airport und Lufthansa-Heimatflughafen Frankfurt. „In vielen anderen Regionen der Welt wäre es undenkbar, den zentralen Flughafen ein Viertel des Tages zu schließen." Zudem machte er sehr deutlich, wie wichtig der Erhalt der Drehkreuzfunktion amführenden Frachtumschlagplatz und Umsteigeort Frankfurtfür das Geschäft der Lufthansa, für die Metropolregion und für Deutschland sei. „Wir brauchen hier die Unterstützung der Politik."

Warum Lufthansa angesichts all dieser Herausforderungennach wie vor erfolgreich ist und sein wird? Die Antwort gab Spohr direkt. Effizienzsteigerung sei das Schlüsselwort, im langfristigen Schnitt drei Prozent pro Jahr. Der Lufthansa gehe es hier wie vielen deutschen Unternehmen. „Wir müssen um so viel besser sein, wie wir teurer sind. Sonst funktioniert unser Premiumgeschäftsmodell am Standort Deutschland nicht mehr." Ein weiteres Standbein baut der Konzern dennoch auf. Neben der Premiummarke Lufthansa steht seit wenigen Monaten die Zweitmarke Eurowings.Auch Investitionen tätig das Unternehmen in beeindruckendem Maße – sei es am Boden, in neue Sitze oder in die neue Generation treibstoffärmerer und leiserer Flugzeuge.

Vom Tarifstreit mit den Piloten bis zum selbstfliegenden Flugzeug: In der abschließenden Diskussion adressierten die anwesenden Mitglieder der Wirtschaftsinitiative viele Fragen an den eloquenten Gast. Das Schlusswort des studierten Ingenieurs, gelernten Piloten und engagierten Managers: „Die Luftfahrt ist und bleibt für mich einfache eine faszinierende Branche."

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